Stabiles Geld oder Camembert-Währung?

Christian Schmidt, Hedgefonds-Berater (ebs/BAI), ist Senior-Wertpapierspezialist und seit 2003 bei apano als Ansprechpartner für Finanzdienstleister tätig. Er hält regelmäßig Vorträge bei Anlegermessen und Fachveranstaltungen. Zuvor war er Geschäftsführungsassistent einer Dortmunder Steuerberatungskanzlei mit dem Schwerpunkt "Private Finance / Family Office" sowie Finanzplaner in einem Kölner Finanzdienstleistungsinstitut.

Gestern waren die Erwartungen an das angekündigte Treffen des EZB-Rats groß. Einen Tag darauf folgt die Ernüchterung. Der große Wurf, die Euro-Zone zu stabilisieren, lässt weiter auf sich warten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt derzeit bewusst offen, ob sie erneut Staatsanleihen von Euro-Krisenstaaten kaufen wird. Damit bleibt die Unsicherheit am Kapitalmarkt bestehen. Bemerkenswerter finde ich folgende Passage einer aktuellen Erklärung von EZB-Chef Mario Draghi: „Die hohen Risikoprämien für einige Staatsanleihen sind nicht akzeptabel. Wenn Spanien Investoren mehr als sieben Prozent Zinsen bieten muss, um sich am Kapitalmarkt Geld zu leihen, ist das auf Dauer nur schwer durchzuhalten.“ Da frage ich mich schon, wie Draghi zu diesem Urteil kommt. Ein Blick in die Statistik zeigt nämlich, dass die Zinslast Italiens und Spaniens zu Zeiten von Lira und Peseta höher lag, ohne dass dies Spanien und Italien in arge wirtschaftliche Bedrängnis gebracht hätte.

Ich glaube zudem nicht daran, dass mögliche Anleihekäufe der EZB langfristig helfen, die Zinsen zu drücken. Die als zu hoch empfundenen Zinsen zeigen klar und deutlich das mangelnde Vertrauen der Märkte. Vertrauen kann nur entstehen, wenn die EZB sich darauf besinnt, zu ihrem klaren stabilitätsorientierten Kurs zurückzukehren und nicht zusätzlichen Spekulationen Raum zu bieten. Vertrauen kann außerdem nur entstehen, wenn die Schuldenstaaten klare Sanierungskonzepte vorlegen und sich hier auch erste Erfolge abzeichnen.

„Es ist sinnlos, gegen den Euro zu spekulieren“, sagte Draghi in der Erklärung. Und weiter: „Um diese Worte mit Taten zu untermauern, müsste die Notenbank Anleihen kaufen – und zwar in großem Stil“. Und genau hier liegt der Irrtum. Um diese Worte mit Taten zu untermauern, müssen sich alle fragen, ob sie Teil des Problems oder Teil der Lösung sein möchten. Wir wollen schließlich nicht, dass das von dem FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler skizzierte Horrorszenario, „Wenn die EZB so weitermacht, kauft sie bald auch alte Fahrräder auf und gibt dafür neues Papiergeld heraus“, eines Tages Realität wird.

Ich bin ein bescheidener Optimist. Ich will auch morgen noch mit einem stabilen Euro rechnen und mit einem stabilen Euro bezahlen. Ich glaube, dass es zwar möglich, aber noch nicht notwendig ist, übermorgen in Form von Inflation und Steuererhöhungen für einen Camembert-Euro zu zahlen.