Die Evolution der Vermögensanlage

Die traditionelle Risikostreuung funktioniert in Krisenzeiten nicht mehr so wie früher. Neue Anlagestrategien sind gefragt, denn Märkte verändern sich.

Als Harry M. Markowitz 1952 seine berühmte Portfolio-Theorie entwickelte, waren die Märkte deutlich weniger komplex als heute. Die Wirtschaft war noch nicht so stark globalisiert und die „Vernetzung“ der Finanzmärkte noch nicht so weit fortgeschritten.

Nach seiner Theorie konnte das Risiko eines Portfolios dadurch reduziert werden, dass nicht korrelierende Anlagen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe miteinander kombiniert wurden. Das funktionierte auch prima – bis zur Jahrtausendwende.

Seit dem Platzen der Dotcom-Blase ab März 2000 stieg die Korrelation der klassischen Märkte zueinander kontinuierlich an und bildet dabei immer in Krisenphasen Spitzenwerte aus. Mit anderen Worten: Die Risikostreuung funktioniert in Krisenzeiten nicht mehr so gut wie früher, weil alle Anlageklassen in die gleiche Richtung marschieren.

Wenn sich der Markt verändert, muss man auch seine Anlagestrategie ändern. Ein Blick zurück in die Menschheitsgeschichte zeigt, dass die Evolution gnadenlos ist. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Wer sich nicht anpasst, stirbt aus. Das gilt auch für die Geldanlage. Eine moderne Strategie muss berücksichtigen, dass Märkte nicht nur steigen, sondern auch fallen.

„Short“-Instrumente wie Optionen, Futures oder andere Derivate ermöglichen es, Marktrisiken im Portfolio aktiv zu steuern und bei Bedarf zu reduzieren oder sogar von fallenden Märkten zu profitieren. Das ist nicht nur bei Aktien und Rohstoffen wichtig, sondern aktuell auch bei Anleihen.

Es ist schwierig, im aktuellen Zinsumfeld eine Anlage mit gutem Chancen-/Risikoverhältnis zu finden. Außerhalb der EU und unter Einbeziehung von Währungsspekulationen ist dies sicher noch möglich.

Das Risiko von steigenden Zinsen in den nächsten Jahren muss jedoch ebenfalls berücksichtigt werden. Erstmals seit 30 Jahren dürften Short-Instrumente auch im Anleihen-Segment richtig populär werden. Anleihefonds, die „Short-Duration“ eingehen und damit von steigenden Zinsen profitieren können (nicht müssen), stellen eine moderne Lösung für das Zinsdilemma unserer Zeit dar.

„anders denken“ und konsequentes Handeln ist notwendig, um mit der Veränderung der Märkte mitzuhalten und sich bei der Evolution der Vermögensanlage nicht plötzlich in der Rolle der Dinosaurier wiederzufinden.

Bankrott der Investmentbanker?

Christian Schmidt, Hedgefonds-Berater (ebs/BAI), ist Senior-Wertpapierspezialist und seit 2003 bei apano als Ansprechpartner für Finanzdienstleister tätig. Er hält regelmäßig Vorträge bei Anlegermessen und Fachveranstaltungen. Zuvor war er Geschäftsführungsassistent einer Dortmunder Steuerberatungskanzlei mit dem Schwerpunkt "Private Finance / Family Office" sowie Finanzplaner in einem Kölner Finanzdienstleistungsinstitut.

Das Investmentbanking-Geschäft schrumpft zusammen. Eine Endzeitstimmung sehe ich allerdings nicht. Vielmehr hat unlängst ein Paradigmenwechsel eingesetzt.

Viele tausend Jobs wurden im Investmentbanking-Geschäft bislang gestrichen. In naher Zukunft sollen noch bis zu 25.000 weitere wegfallen. Nach den zahlreichen Skandalen in der Vergangenheit ist das nicht überraschend, sondern konsequent.

Der Spiegel spricht in seiner aktuellen Ausgabe von einer „Endzeitstimmung“. Vor allem für Pokerspieler ist im Anlagegeschäft kein Platz. Im Spiegel-Artikel heißt es sinnigerweise: „Im Handel gibt es tatsächlich den Typ Pokerspieler: mit Tattoo unterm Hemd, hoher Belastbarkeit und kurzer Aufmerksamkeitsspanne, der auf moral-befreites, kurzfristiges Gewinnmaximieren aus ist.“ Und richtig ist ebenfalls die Feststellung, dass dies mit traditionellen Investmentbanking nichts mehr zu tun hat.

Die gesamte Finanzbranche sollte sich auf den Weg machen, wieder Geschäfte anzubieten, die geeignet sind, die Ziele der Anleger zu erreichen. Ultrakomplexe Derivate und nicht nachvollziehbare Anlagen haben genauso ausgedient wie unregulierte und inflexible Produkte.

Keine Frage: Früher haben Kunden die Finanzdienstleister beauftragt, die eine maximale Rendite in Aussicht stellten. Damals galt auch noch die Maxime „Kaufen und liegen lassen“. Doch heute hat der Wunsch vieler Anleger nach Mehrwert die Risikobereitschaft abgelöst.

Ein Paradigmenwechsel und auch ein Umdenken in der Investmentbranche haben unlängst eingesetzt. Vor dem Hintergrund starker Regulierungs- und Transparenzforderungen wird das Angebot nachvollziehbarer Produkte allmählich breiter. Gleichzeitig setzt sich auch der Diversifikationsgedanke nicht nur über Anlageklassen, sondern auch über Marktlagen, immer weiter durch.

Die Märkte sind zyklisch, und so ist auch das Anlegerverhalten. Die Zukunft der Investmentbranche kann nicht darin liegen, den abfließenden Geldern hinterherzujagen, sondern viel eher, mit cleveren Ideen und vernünftigen Konzepten neuen Kunden (und damit neuem Geld) entgegenzugehen.