Ölpreis auf Fünfjahrestief

Markus Sievers ist geschäftsführender Gesellschafter bei der apano GmbH, die er zusammen mit Kathrin Schaper-Nordhues und Detlev Reichert gründete. Seine Schwerpunkte liegen auf PR, Marketing und Vertrieb. Er studierte nach einer kaufmännischen Ausbildung Betriebswirtschaft. Mehrere Jahre war er in führenden Positionen in der Fonds- und Finanzbranche tätig. Markus Sievers ist Autor verschiedener Fachbücher. Als Experte für Alternative Investments und Managed Futures tritt er regelmäßig in Print, Fernsehen und Hörfunk in Erscheinung. Er ist zudem Referent im Rahmen verschiedener Fachveranstaltungen.

Es ist wenige Tage her, da standen viele Aktienmärkte auf Rekordniveaus. Teilweise legten sie eine fulminante Rally seit Mitte Oktober hin, als die jüngste Korrektur ihren Tiefpunkt hatte. Einer für den Dezember typischen Jahresendrally schien nicht mehr viel im Weg zu stehen. Trotz dieser guten Aussichten kam unser Marktstimmungsindex jedoch nie in den optimistischen Bereich, sondern blieb eine Stufe darunter – im zuversichtlichen Bereich – stehen. Hauptgrund waren die fallenden Rohstoffpreise.

In dieser Börsenwoche drängte das Thema Rohstoffe in Gestalt der Ölpreise in das Bewusstsein der Börsianer. Zu Beginn der Woche stand der Preis für ein Barrel WTI Öl bei 68 $. Seit Sommer diesen Jahres ist der Ölpreis von über 100 $ pro Barrel auf aktuell unter 60 $ pro Barrel gefallen. Mit diesem Preisverfall von über 40% ist der Preis nun auf ein Niveau gefallen, das wir zuletzt zu Krisenzeiten in 2009 gesehen haben.

Der sinkende Preis galt viele Monate lang als Treiber für die globale Konjunktur und wurde positiv wahrgenommen. Natürlich importieren Länder wie Deutschland viel Öl. Ist es günstiger, profitiert die deutsche Wirtschaft. Fluggesellschaften können billiger fliegen, Verbraucher billiger tanken. Das kurbelt den privaten Konsum an.

Allerdings hat der fallende Preis auch Schattenseiten. Rohstoffreiche, Öl exportierende Länder wie Südamerika oder Russland haben geringere Einnahmen. Bei vielen Ländern sind die Einnahmen durch Rohstoffverkäufe die einzige oder zumindest wichtigste Einnahmequelle. Fällt dies weg, werden auch staatliche Ausgaben und Aufträge gestrichen. Auch leiden inzwischen viele börsengehandelte Unternehmen des Energiesektors unter dem Preisverfall. Gerade kostenintensive Methoden der Ölexploration lohnen sich für die Unternehmen nicht mehr. Stimmen ihre Margen nicht mehr, werden auch hier Ausgaben gekürzt und Projekte gestrichen. Das trifft wiederum Unternehmen, die Aufträge aus dem Energie- und Rohstoffsektor erhalten. Eine Kettenreaktion.

Und eben diese negativen Effekte eines zu geringen Ölpreises verunsichern die Investoren. Die Aktienmärkte standen in dieser Woche deutlich unter Druck. Der Dax beispielsweise verlor in dieser Woche aktuell rund 4%. Auch der US-Markt kommt mit mehr als 2,5% Verlust unter Druck. Die Volatilitäten steigen und sichere Häfen wie Staatsanleihen werden gesucht. All diese Märkte werden bei der täglichen Messung unserer Marktstimmung herangezogen und dies führte dazu, dass der apano- Stimmungsindex in das neutrale Szenario wechselte.

Bereits gestern haben wir erste Reduzierungen im Aktienanteil vorgenommen. Heute und in den nächsten Tagen werden – vorausgesetzt die Stimmung bleibt auf diesem Niveau – weitere Maßnahmen ergriffen, um unseren Fonds, den apano HI Strategie 1, defensiver auszurichten und vor einer möglichen größeren Marktkorrektur zu schützen.

Aus aktueller Sicht scheint die Jahresendrally abgesagt – zumal auch die Wahl in Griechenland die europäischen Märkte belastet. Ein möglicher Wahlgewinn der linken Regierung würde Reformen des Landes und damit erneut die Stabilität im Euroland gefährden.

Deutsche Finanzbranche optimistisch

Die deutsche Finanzbranche läutete das Jahr traditionell mit dem Mannheimer Fondskongress vom 29. bis 31. Januar 2014 ein. Die Stimmung war überwiegend gut, denn die meisten Besucher und Teilnehmer (ob nun Austeller oder Fondsmanager) blicken recht optimistisch in die Zukunft. Viele von ihnen bewerten die Aktienmärkte trotz der aktuellen kleinen „Delle“ als positiv mit weiterem Potenzial nach oben. Das liegt auch daran, dass viele Kongressteilnehmer Aktien als „alternativlos“ betrachten.

Das war z. B. die Aussage des Referenten Prof. Max Otte. Hinsichtlich Rentenmarkt waren fast alle einer Meinung, dass nur in „Nischenmärkten“ Geld zu verdienen sei. Auch die oft beschworene Zinswende wird wohl dieses Jahr nicht kommen. Aber ohnehin ist das bessere Chance-Risiko-Verhältnis am Aktienmarkt zu finden – eine Meinung, die ich sehr häufig während des Mannheimer Fondskongresses gehört habe. Asien und die Emerging Marktes wurden häufig genannt. Aber auch an den Börsen Südeuropas schlummert weiteres Potenzial.

Auf jeden Fall sollten sich die Investoren damit abfinden, dass das Renditenniveau auf Jahre gesehen niedrig bleiben wird. Wenn jemand mehr Rendite haben möchte, muss er bereit sein, die damit verbundene Volatilität in Kauf zu nehmen.

Der Hauptredner am Mittwoch war der Ökonom Robert Gordon. Er sprach recht kritisch über das Wachstumspotenzial in den USA. Einige Stimmen warnten vor zu viel Euphorie, denn zu behaupten, dass die Krise bereits vorbei wäre, sei verfrüht. Das behauptete jedenfalls Prof. Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts.

Am zweiten Tag besuchte ich den Vortrag des früheren griechischen Ministerpräsidenten, Giorgos Papandreou. Er sprach über seine Regierungszeit in Griechenland, mit welchen Problemen seine Regierung zu kämpfen hatte und wie es zum Schuldenschnitt kam.

Zukunftsgerichtet plädierte er für ein gemeinsames Europa, in dem die einzelnen Länder enger zusammenrücken sollen – ein grünes Europa wie er es auch nannte. Sein Vortrag war für mich das Highlight des diesjährigen Mannheimer Fondskongresses.

Guter Start für Anlegertag Düsseldorf

Mit umfassenden Informationen zu Börse und Geldanlage öffnete am vergangenen Samstag der Anlegertag Düsseldorf  erstmalig seine Pforten. apano war mit einem Stand bei dieser Premiere dabei.

Mit knapp 2.000 Besuchern ist dem Anlegertag Düsseldorf, der neuen Finanzmesse für NRW, ein guter Auftakt gelungen. Neben vielen Gesprächen zu den aktuellen apano-Anlagestrategien standen am apano-Messestand die Wahlen in Italien, die Eurokrise und die Situation Griechenlands im Vordergrund. Die Messe richtet sich speziell an Privatanleger, die sich sowohl bei den Ausstellern als auch bei den zahlreichen Vorträgen zu den  unterschiedlichsten Anlagethemen informieren konnten.

Obwohl die vorgestellten Anlagestrategien der einzelnen Aussteller alles andere als Oldtimer waren, war mit dem Classic Remise die gewählte Location der Messe wahrlich ein Traum sowohl für Investoren als auch für Autoliebhaber. Das Classic Remise Düsseldorf ist ein Zentrum für Oldtimer und Liebhaberfahrzeuge. Es befindet sich in einem denkmalgeschützten und liebevoll restaurierten Ringlokschuppen. Den Messebesuchern bot sich neben der Messe in der großen Eventhalle u.a. ein offener Blick in die Service- und Restaurationswerkstätten des Gebäudes und auf die Dauerausstellung kostbarer Oldtimer, die in gläsernen Einstellboxen präsentiert werden.

Der Anlegertag Düsseldorf am 23.02.2013 hat aus meiner Sicht einen guten Start hingelegt. Auch die anderen Aussteller waren zufrieden und gehen zuversichtlich in das zweite Quartal 2013.

Rückkaufangebot für griechische Anleihen

Martin Garske ist Prokurist und seit 2013 Fondsberater. Als Vertriebsdirektor betreute er zuvor seit 2002 institutionelle Kunden bei apano. Zuvor war er lange Zeit u.a. als Wertpapierberater/-betreuer bei der Dresdner Bank AG beschäftigt. Darüber hinaus arbeitete er bei der Dresdner S.A. Lux im Bereich International Private Banking und als Portfoliomanager und Vermögensverwalter.

Griechenland hat von den Euro-Finanzministern grünes Licht und 10 Mrd. Euro aus bereits genehmigten Hilfskrediten bekommen, um damit einen Teil seiner Staatsanleihen aus dem Markt zurückzukaufen. Im Zuge einer Auktion werden den Inhabern dieser Anleihen pro 1,00 Euro Nennwert je nach Ausstattung des Wertpapieres voraussichtlich etwa 30-40 Cents geboten. Sollte das Angebot auf ausreichende Akzeptanz stoßen, können auf diesem Weg Schuldpapiere im Nennwert von ca. 30 Mrd. Euro zurückerworben werden.

Verringert um den Neukredit von 10 Mrd. Euro lassen sich also theoretisch die griechischen Staatsschulden auf einen Schlag um ca. 20 Mrd. Euro reduzieren. Falls der Plan gelingt, ist dies ein beachtenswerter Erfolg. Denn das entspricht immerhin etwa 6 Prozent des hellenischen Schuldenberges.

Fast jeder Presseartikel, der sich mit diesem Thema befasst, wirft nun den sogenannten Spekulanten vor, sich an diesem Rettungsplan zu bereichern. Besonders gerne werden – na klar – die Hedgefonds wieder als besonders raffiniert herausgestellt. Diese hätten zu Niedrigpreisen im Frühsommer gekauft und könnten jetzt einen Gewinn von bis zu 100 Prozent einstreichen, falls sie das Angebot des griechischen Staates annehmen.

Es ist wichtig, hier etwas richtig zu stellen: Vielen Marktteilnehmern ist es nicht gestattet, Anleihen unter einer gewissen Mindestbonität zu kaufen oder auch nur zu halten. Dazu gehören Banken, Versicherungen und viele Investmentfonds klassischer Ausprägung. Kaufen dürfen hingegen jederzeit Privatpersonen und z.B. Hedgefonds, insofern Anleihen zu deren Anlageuniversum zählen. Ich möchte nicht wissen, in welchem Kellergeschoss die Kurse der Griechenbonds im Frühsommer gelandet wären, und welche Verwerfungen es an den Finanzmärkten gegeben hätte, wenn diese Gruppe damals nicht mutig gekauft und damit die Kurse stabilisiert hätte!

Eine andere Anmerkung ist mir persönlich noch viel wichtiger: Wer regelmäßig apano-Blogs liest, der wird sich vielleicht an meinen Eintrag vom 05. Juli 2011 entsinnen. Damals, vor 17 Monaten, schrieb ich: „Griechenland sollte einfach den Spieß umdrehen und die grottenschlechte Beurteilung der Ratingagenturen in einen höchst lukrativen Vorteil für sich verwandeln.“ Meine damals dezidiert beschriebene Idee war: „Griechenland kauft seine Staatsanleihen und damit seine eigenen Schulden über die Börsen zum Schnäppchenpreis zurück…“ Es fühlt sich gut an für das eigene Ego, dass dieser Vorschlag nun, wenn auch mit 1 ¼ Jahren Verspätung, Ergebnis eines Euro-Gipfels wurde.

Durch den „freiwilligen Schuldenschnitt“ im Frühjahr 2012, in dessen Zusammenhang die Kurse erneut einbrachen, wurde mein Rückkaufvorschlag für Griechenland noch viel lukrativer. Wer die Findigkeit und Listigkeit der politischen Entscheider richtig einschätzte, konnte davon ausgehen, dass sie früher oder später auf genau diese Idee stoßen würden.

Wie geht es jetzt weiter? Entgegen der offiziellen Aussagen glaube ich nicht, dass bei dem derzeitigen Angebot das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass auch die nächste Etappe meines damaligen Blogs Realität wird: „Natürlich rechnet sich dieses Rückkaufprogramm nur so lange, wie solch hohe Abschläge zum Nennwert bestehen. Deshalb muss es still und leise geschehen, denn sonst gibt es kein Angebot mehr zu diesen Schleuderpreisen.“

Gehen Sie also davon aus, dass ab jetzt eine graue Eminenz hinter den Börsenschaltern wirkt und permanent Material aus dem Markt nimmt, solange sich das rechnet. Erwarten Sie aber nicht, dass dies laut heraus posaunt wird. Es kann sogar sein, dass das aktuelle Programm offiziell als Misserfolg bezeichnet wird, falls nicht genügend Angebote zum gebotenen Preis herein kommen.

Lassen Sie sich davon nicht irritieren. Das bedeutet nur, dass es im Markt Hedgefonds und andere Spekulanten gibt, die denken und rechnen können. Gott sei Dank ist weder das eine noch das andere verwerflich oder verboten.

Auf dem Abstellgleis?

Anleihen sind ein wichtiger Bestandteil im Portfolio. Doch die Staatsverschuldung in Europa beeinflusst massiv die Anleihemärkte. Daher ist ein kritischer Blick insbesondere auf Staatsanleihen sinnvoll.

Anleger, die Staatsanleihen kaufen, leihen dem Staat ihr Geld und erhalten dafür entsprechende Zinsen. Noch vor zehn Jahren war dies für Investoren ein sich durchaus lohnendes Geschäft, das eine gute Mischung aus Sicherheit und Rendite mit sich brachte. Die Kehrseite war allerdings, dass Staatsanleihen es vielen Staaten über eine lange Zeit hinweg ermöglichten, über ihre Verhältnisse zu leben und sich immer weiter zu verschulden. Die Rechnung dafür präsentiert sich uns heute. Die Schuldenkrise hat Europa fest im Griff, das Vertrauen der Anleger in Anleihen ist getrübt. Der EU-Gipfel in Brüssel hat zwar einige Lösungsansätze hervorgebracht, wie die Währungsgemeinschaft stabilisiert werden kann, direkten Einfluss auf die Märkte hatte er indes nur kurz.

Fakt ist: Anleihen aus Ländern, deren Verschuldung moderat ist, erzielen derzeit kaum Renditen. Derzeit ist zum Beispiel die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen mit ca. 1,3 Prozent so niedrig wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Deutlich mehr Renditen werfen dagegen Anleihen aus Spanien (6,5%), Portugal (10,6%) oder Griechenland (32,6%) ab (Quelle: www.finanzen.net/anleihen). Das Ausfallrisiko dieser Länder ist genauso wie ihre Staatsverschuldung entsprechend groß. Selbst Deutschland, das als Zugpferd für Europa gehandelt wird, gilt mittlerweile unter Experten nicht mehr als risikoloser Schuldner. Denn die Bundesrepublik hat in der Euro-Krise viele Garantien abgegeben, wodurch sich ihre Bonität auf kurze Sicht verschlechtern könnte.

Für Anleger bieten Unternehmensanleihen eine weitere Möglichkeit, im Bondsbereich  zu investieren. Diese haben den
Vorteil, dass sie durch die Substanz eines Unternehmens abgedeckt sind. Einen 100-prozentigen Schutz der Ersparnisse bieten sie allerdings nicht. Gerät ein Unternehmen in Schwierigkeiten, hat der Gläubiger zwar einen rechtlichen Anspruch auf die Rückzahlung der Forderungen aus der Anleihe, jedoch werden diese aus der Konkursmasse bedient.

Experten rechnen nicht damit, dass sich die Erträge aus Anleihen in Europa kurzfristig ändern werden. Sie sehen aber verstärkte Chancen für Unternehmensanleihen aus den USA, denen sie ein positives Wachstum voraussagen. Stehen Staatsanleihen damit doch nicht ganz auf dem Abstellgleis? Die Zukunft wird zeigen, wo die Reise hingeht.

Die Macht der Ökonomen

Sparen? Nein danke! Für Paul Krugman, Wirtschaftsnobelpreisträger 2008, ist es höchste Zeit: Jeder Monat, den die Schuldenkrise länger dauere, schade unserer Gesellschaft weiter. „Sparen mitten in einer Wirtschaftskrise führt nur weiter ins Loch einer lang andauernden Depression, ist mit millionenfachem menschlichem Leid verbunden, und wird auch noch an dem selbstgesteckten Ziel, nämlich der Haushaltskonsolidierung, scheitern, weil die Schrumpfung der Wirtschaftsleistung Steuerausfälle nach sich zieht, so dass die Schulden noch drückender werden“. Das sind die Argumente von Krugman.

Wer ein bisschen von Wirtschaft oder mathematischer Logik versteht, weiß, dass Krugman Recht hat. Das Desaster in Griechenland, Spanien, Irland und Portugal liefert mittlerweile auch den empirischen Beweis: Strenges Sparen funktioniert nicht. So weit, so gut.

Hinsichtlich Sparmaßnahmen sind die Lager geteilt. Deutsche Ökonomen haben gegen die massiven Sparauflagen protestiert und letzte Woche in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Brief veröffentlicht, in dem sie die europäische Krisenpolitik scharf kritisieren:

„Wir, Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftlerinnen der deutschsprachigen Länder, sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge. Die Bankschulden sind fast dreimal so groß wie die Staatsschulden und liegen in den fünf Krisenländern im Bereich von mehreren Billionen Euro. Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen werden.“

Andere renommierte Wissenschaftler wie Peter Bofinger, Gustav Horn und Bert Rürup hingegen haben diesen Protestaufruf kritisiert. Sie sind der Ansicht, dass es in einer solchen Situation nicht die Aufgabe von Ökonomen sein könne, mit Behauptungen, fragwürdigen Argumenten und einer von nationalen Klischees geprägten Sprache die Öffentlichkeit weiter zu verunsichern. Der Protestbrief schüre lediglich Angst und Emotionen vor einer Bankenunion, ohne dass dies mit den erforderlichen Fakten belegt werde.

Ein weiteres düsteres Szenario zeichnet Nuriel Roubini, amerikanischer Ökonom, auch bekannt als „Dr. Doom“. In einem Handelsblatt-Interview vom 08.07.2012 prognostiziert er ein Platzen des Euro und gibt ihm höchstens noch drei bis sechs Monate. Dann werden Italien und Spanien den Zugang zu den Kapitalmärkten verlieren.

Roubini weiter: „In den kommenden sechs bis zwölf Monaten liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland austritt, bei mehr als 50 Prozent. Aus Sicht von drei bis fünf Jahren werden mehr Länder folgen, aber der Euro kann auch ohne Portugal oder Zypern auskommen. Aber nicht ohne Italien oder Spanien. Deutschland kann natürlich mit Österreich, Finnland oder Holland zusammenbleiben, der Kern würde bestehen, aber es wäre eine Zerschlagung. Dafür liegt die Wahrscheinlichkeit in den nächsten drei bis fünf Jahre bei fast 50 Prozent.“

Als aufmerksame Leser und interessierte Investoren nehmen wir all diese Meinungen auf. Dazu analysieren wir die politischen Entwicklungen und finden für uns die passende Investmentstrategie. Wie soll ein „normaler“ Mensch bei so vielen unterschiedlichen Meinungen von so genannten „Experten“ den Überblick behalten? Von Überforderung kann kaum die Rede sein…

Und noch eins: Alle Ökonomen beschäftigen sich überwiegend mit der Frage, wie die Krise entstanden ist. Wir suchen aber eine Antwort auf die Frage: „Was kann ich dagegen tun?“ Leider haben wir sie bisher noch nicht erhalten.

Aus meiner Sicht ist es die wesentliche Aufgabe von Ökonomen, Alternativen aufzuzeigen sowie rationale statt emotionale Denkweisen und Fakten darzustellen anstatt Ängste zu schüren. Ich neige dazu, Prof. Bofinger Recht zu geben: Ein Aufruf, der keine Lösungsvorschläge beinhaltet, trägt zu einer noch größeren Verunsicherung der Menschen bei. Meine Angst ist auf jeden Fall gestiegen.

Eine schöne Woche!

Showdown beim EU-Gipfel?

Christian Schmidt, Hedgefonds-Berater (ebs/BAI), ist Senior-Wertpapierspezialist und seit 2003 bei apano als Ansprechpartner für Finanzdienstleister tätig. Er hält regelmäßig Vorträge bei Anlegermessen und Fachveranstaltungen. Zuvor war er Geschäftsführungsassistent einer Dortmunder Steuerberatungskanzlei mit dem Schwerpunkt "Private Finance / Family Office" sowie Finanzplaner in einem Kölner Finanzdienstleistungsinstitut.

Was wird aus Europa? Der europäische Gedanke ist mittlerweile auf die Frage „Wer zahlt?“ reduziert. Beim EU-Gipfel vom 28.-29.06.2012 in Brüssel soll eine Reform der Währungsunion beschlossen werden. Doch das Projekt droht zu kentern, Nord- und Südländer sind zerstritten.

Zypern will in letzter Sekunde noch unter den Rettungsschirm schlüpfen und Spanien leidet unter seiner Bankenkrise. In der Euro-Krise ist es bereits viertel nach zwölf. Die Auswirkungen dessen sind noch gar nicht erfasst. Es gilt, noch Schlimmeres zu vermeiden.

Betrachten wir einmal die EU-Wackelkandidaten:

Spanien hat Milliardenhilfen für die Banken beantragt. Gerade erst setzte Moodys 28 Geldinstitute um bis zu 4 Stufen herab. Doch die Probleme Spaniens sind nicht nur finanzieller Natur, sondern liegen viel tiefer. Jahrelang hat das Land in Infrastruktur und die Bauindustrie investiert. Die Ausgaben für Bildung hat es hingegen vernachlässigt. Die Quittung ist eine (Jugend-)Arbeitslosigkeit von knapp 50 Prozent. Die verlorene Generation wird länger brauchen, um sich zu erholen als die Banken. In Spanien können wir auch sehen, dass nicht nur der Blick für den eigenen Haushalt, sondern auch für Europa abhandengekommen ist.

Wie können Volkswirtschaften nach vorn gebracht werden? Es geht darum, Perspektiven zu entwickeln. Es fehlt eine europäische Zukunftsvision. Europa bedeutet mehr als ein gemeinsamer Markt, das Schengen-Abkommen und den Urlaub nicht mehr in der Wechselstube verbringen zu müssen. Das Aufgeben der europäischen Idee ist letztendlich zu schade, um nur auf die Frage „Wer zahlt?“ reduziert zu werden.

Was Griechenland anbelangt, gehen die Märkte bereits davon aus, dass die Hellenen austreten. Ein Szenario, das vor Jahren noch undenkbar war, wird immer realer. Der mögliche Austritt Griechenlands ist eine Rechenaufgabe. Es wäre sinnvoller, zur Drachme zurückzukehren, damit Griechenland international wieder wettbewerbsfähig wird. Doch die Frage, wie es nach einem möglichen Ausschluss Griechenlands weitergeht, bleibt offen. Wie lassen sich bürgerkriegsähnliche Zustände, Not und Elend vermeiden? Wie sieht es mit europäischer Solidarität aus?

Italien ist ein weiterer Dominostein, der im Zuge der Eurokrise fallen könnte. Es wäre interessant zu beobachten, wie es um Berlusconis Comeback bestellt ist, sollte er im Wahlkampf verlauten lassen, dass es Italien mit der Lira besser gehe.

Es zeichnet sich ein europäisches Endzeit-Szenario ab. Was passiert, wenn Papiergeld nichts mehr wert ist? Sind Aktien dann eine zuverlässige Anlage? Auch Aktien sind vor Krisenzeiten nicht gefeit. Deutsche Aktien zeichnen sich zurzeit durch ein günstiges Kurs-Gewinn-Verhältnis aus. Eine Aktie kann allerdings auch immer noch um 20 bis 30 Prozent fallen. Doch selbst dann liegt sie durch ihre Dividende über dem Niveau von Staatsanleihen. Jedem Anleger sollte klar sein, dass Aktien mitunter 7 bis 10 Jahre benötigen, um sich zu erholen und ihren realen Wert wiedergewinnen.

Welchen Rettungsschirm kann der Anleger dann für sich aufspannen? Diversifikation, weltweite Streuung, ist das Stichwort. Und er sollte eine gewisse Hoffnung haben, dass sich alles zum Besseren wendet.
Europa war sehr lange von einem langsamen Tempo bestimmt. Die langsamsten Mitspieler haben die Schrittgeschwindigkeit vorgegeben.

Alle EU-Beteiligten sollten die Chancen, die Europa bietet, erkennen und nicht leichtfertig und kleingeistig verspielen. Der europäische Gedanke reduziert sich mehr und mehr auf einen Verbund von Geber- und Nehmerländern. Fordern und fördern im Sinne des ökonomischen Prinzips gehören aber zusammen. Wenn Europa das erkennt, hat es noch eine Chance.

Verkorkstes Szenario für Aktienmärkte

Markus Sievers ist geschäftsführender Gesellschafter bei der apano GmbH, die er zusammen mit Kathrin Schaper-Nordhues und Detlev Reichert gründete. Seine Schwerpunkte liegen auf PR, Marketing und Vertrieb. Er studierte nach einer kaufmännischen Ausbildung Betriebswirtschaft. Mehrere Jahre war er in führenden Positionen in der Fonds- und Finanzbranche tätig. Markus Sievers ist Autor verschiedener Fachbücher. Als Experte für Alternative Investments und Managed Futures tritt er regelmäßig in Print, Fernsehen und Hörfunk in Erscheinung. Er ist zudem Referent im Rahmen verschiedener Fachveranstaltungen.

Hinsichtlich der Entwicklung der Aktienmärkte bin ich zurzeit sehr skeptisch und deutlich negativer eingestellt, als noch vor einiger Zeit. Nicht nur Griechenland, wo bis zu den Neuwahlen noch ein wenig Hoffnung aufkeimen mag, auch die spanische Bankenkrise steht im Fokus der Nachrichten.

Wenn Griechenland aus der EU austritt, werden sich die Kosten auf geschätzte 500 Mrd. USD belaufen. Diese Kosten sind eine Kombination aus Staatsschulden, die noch abgeschrieben werden müssen, sowie Privat- und Unternehmensschulden. Nicht zu vergessen ist der Saldo seitens der EZB und der einzelnen Notenbanken.

Neben Griechenland ist die spanische Bankenkrise das Tagesthema. Und ich glaube, wir werden noch Zahlen aus den Emerging Markets, wie China und Indien, erleben, die zeigen werden, dass das Wachstum noch geringer sein wird, als wir derzeit denken. Wenn diese globalen Wachstumssorgen auf die europäische Schuldenkrise treffen, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die Aktienkurse im Sommer wahrscheinlich deutlich nachgeben werden.

Auf was für ein Szenario steuern wir momentan zu? Zu Spanien ist zu sagen, dass die Zahlen erst einmal auf den Tisch müssen. Wir kalkulieren hier mit 19 Mrd. Euro bei der Großbank Bankia, mit 40-50 Mrd. Euro für alle zusammen – ich glaube das reicht nicht, weil wir bisher gesehen haben, dass während der Immobilienkrise die Preise um rund 20 Prozent gefallen sind.

Wenn wir da Parallelen zu Amerika ziehen, und eigentlich ist die spanische Immobilienkrise noch stärker als die amerikanische, müsste noch einmal mit einem Rückgang von 20-30 Prozent zu rechnen sein. Die Zahlen müssten bei 100 Mrd. Euro liegen oder mehr und das muss letztendlich wieder irgendwie bezahlt werden. Nur wie? Da wird die EZB wahrscheinlich wieder Käufe tätigen müssen, um diese Summen aufzubringen. Das wird meiner Ansicht nach das Szenario sein, ein verkorkstes Szenario, wenn wir da ganz ehrlich sind.

Ein Rauskommen scheint nur möglich, wenn die EZB Staatsanleihen aufkauft und dann abschreibt, denn das langfristige Rückzahlungsszenario für Staatsanleihen sieht nicht gut aus. Die Staaten müssen sparen, die Zinsen steigen, und eigentlich müsste es umgekehrt sein, damit der Spielraum der Staaten größer wird und das wird er nicht. Es ist aktuell kein gutes Umfeld für die Aktienmärkte.

Was mache ich da als Anleger? Ich würde weiterhin die Märkte beobachten, denn technisch gesehen ist der Markt gerade auch durch die Stärke der USA noch in Ordnung. Ich würde mal sagen beim S&P 500 ist bei einer Unterschreitung von 1.250 Punkten ein hohes Gefahrensignal und dasselbe beim DAX ungefähr bei 6.250 Punkten. Da würde ich meine Risikopositionen abbauen und mich darauf einstellen, dass die Aktienmärkte korrigieren und dann weitersehen. Aber dann gibt es bestimmt wieder gute Einstiegsszenarien im Laufe des Jahres.

Wie ein Land sich kaputt spart

Letzte Woche las ich den Artikel Wie wir Griechen immer deutscher werden auf Spiegel Online. Dies erinnerte mich an meinen Osterurlaub bei meiner Familie in meiner griechischen Heimat. Ostern hat für die Griechen einen recht großen Stellenwert, analog zum Weihnachtsfest in Deutschland.

Die Menschen kaufen Geschenke ein, besuchen die Familie, feiern gemeinsam. Dieses Jahr war alles anders. Im Vergleich zu meinem letzten Griechenlandbesuch im Sommer 2011 habe ich eine massive Verschlechterung der Wirtschaft festgestellt.

Viele Läden und Lokale in den Innenstädten sind leer, ohne Aussicht auf Weitervermietung. Der Handel stirbt aus. Ein alter Freund von mir arbeitet als Steuerberater. Im Monat März hatte er ganze 30 (in Worten: Dreißig!) Euro eingenommen, obwohl ihm seine Kunden etwas über 60.000 Euro schulden.

Ein anderer betreibt eine Nachhilfeschule, zur Vorbereitung für die Aufnahmeprüfung an der Universität. Dort sind derzeit etwa 100 Schüler eingeschrieben. In der Regel zahlt jeder Schüler für den Unterricht um die 90 Euro pro Monat. Im März haben allerdings nur zwei von ihnen ihre Beiträge bezahlt! Wie soll er mit 180 Euro auskommen? Und welche Rechnungen soll er wiederum damit begleichen? Autos werden kaum gefahren, denn der Liter Super Benzin kostet 1,84 Euro und das kann sich keiner (oder können sich nur sehr wenige) leisten.

Die Beamten, die ein gesichertes Einkommen haben, zumindest solange die Stadt nicht ihren Bankrott erklärt, horten ihr Geld für noch schlimmere Zeiten. Denn keiner glaubt, dass sie nicht kommen werden. Dies sind einige Beispiele für die derzeit aussichtslose Situation.

Natürlich gibt es auch Beispiele von Menschen, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wie z.B. die sogenannte „Kartoffelbewegung“. Die Bauern haben den Verkauf ihrer Kartoffelernte ohne Zwischenhändler selbst organisiert. So hat zum Beispiel mein Vater direkt vom Bauern 100 Kilo Kartoffeln gekauft zu 0,22 Euro das Kilo. Sie wurden in der ganzen Familie aufgeteilt. Das gleiche passierte auch mit Olivenöl. Bei 3 Euro pro Liter profitierte nicht nur der Erzeuger bei entsprechend größeren Mengen, sondern auch der Verbraucher.

In Gesprächen erkennen viele meiner griechischen Freunde die aussichtslose Situation und sind sich einig, dass sich etwas verändern muss. Denn nur sparen, ohne eine Aussicht auf eine bessere Zukunft, erscheint ihnen als zu wenig. Wie diese Zukunft denn aussehen mag, weiß niemand und eine Masterlösung hat auch keiner. Am wenigsten die Politiker, die am 6. Mai 2012 wieder gewählt werden wollen.

Ist Portugal das neue Griechenland?

Christian Schmidt, Hedgefonds-Berater (ebs/BAI), ist Senior-Wertpapierspezialist und seit 2003 bei apano als Ansprechpartner für Finanzdienstleister tätig. Er hält regelmäßig Vorträge bei Anlegermessen und Fachveranstaltungen. Zuvor war er Geschäftsführungsassistent einer Dortmunder Steuerberatungskanzlei mit dem Schwerpunkt "Private Finance / Family Office" sowie Finanzplaner in einem Kölner Finanzdienstleistungsinstitut.

Droht uns mit Portugal ein zweites Griechenland? Mohamed El-Erian, Manager des Pimco-Fonds, betrachtet die portugiesische wirtschaftliche Situation mehr als pessimistisch (siehe Spiegel online). Für ihn sei die Euro-Krise längst nicht überwunden und spricht bereits von weiteren gigantischen Forderungen, die auf die EU zukommen könnten. Übertreibt El-Erian oder hat Portugal noch eine Chance?

Die portugiesische Wirtschaft ist hoch verschuldet und schrumpft in diesem Jahr voraussichtlich um drei Prozent, die Arbeitslosigkeit liegt bei 14 Prozent. Obwohl die Zahlen für ein weiteres Krisen-Szenario sprechen, glaube ich, dass die Portugiesen es durchaus schaffen können, ihre Krise auch ohne Schuldenschnitt zu bewältigen.

Ein Rettungspaket von 78 Milliarden Euro, geschnürt von EU-Ländern, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, konnte die Staatspleite gerade noch abwenden. Dafür muss sich Portugal nun strengen Sparmaßnahmen und Strukturreformen beugen.

Und siehe da, Portugal beweist eisernen (Spar-)Willen. Das Land befindet sich laut EU-Währungskommissar Olli Rehn auf dem richtigen Weg. Zudem soll die Landwirtschaft nun mit Hilfe einer effizienteren Nutzung der Agrarflächen zum Wachstumsmotor werden. Schließlich ist Portugal der weltgrößte Produzent von Kork und siebtgrößter Wein-Exporteur.

Ich habe die Portugiesen als genügsam und zufrieden mit ihrem Auskommen kennengelernt. Portugal ist traditionell ein armes Land (mit Ausnahme von Lissabon), in dem es weder eine massive Oberschicht noch einen ausufernden Reichtum gegeben hat wie in Griechenland.

Des Weiteren ziehen Regierung und Bevölkerung an einem Strang. Das Rettungsprogramm genießt eine breite politische Unterstützung. Große Teile der Bevölkerung sehen es als unumgänglich an. Es gibt zwar den einen oder anderen Generalstreik, vor allem gegen die Kürzungen im öffentlichen Dienst, aber gewalttätige Proteste blieben wie in Griechenland bislang aus.

Vielleicht hilft den beherzten Portugiesen auch ihre Mentalität, die Krise zu verschmerzen: ihre Leidensfähigkeit und ihre gepflegte Melancholie, die sie im Fado ausdrücken. 2011 wurde der Fado übrigens in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Wer weiß, ob die Portugiesen 2012 in ihrem Fado nicht nur die Sehnsucht nach besseren Zeiten besingen, sondern sie auch wieder erleben können.