Blick ins Jahr 2017

Martin Garske ist Prokurist und seit 2013 Fondsberater. Als Vertriebsdirektor betreute er zuvor seit 2002 institutionelle Kunden bei apano. Zuvor war er lange Zeit u.a. als Wertpapierberater/-betreuer bei der Dresdner Bank AG beschäftigt. Darüber hinaus arbeitete er bei der Dresdner S.A. Lux im Bereich International Private Banking und als Portfoliomanager und Vermögensverwalter.

Zwei große Themen dürften das Börsenjahr 2017 bestimmend beeinflussen. Während der ersten Jahreshälfte wird der Beginn der Amtsperiode von Präsident Donald Trump das Investitionsverhalten der Anleger dominieren. Die Inaugurationsrede und auch die ersten Amtshandlungen bestätigen die Erwartungen: es wird eine außenpolitische Neuausrichtung geben. Allgemein wird ein etwas angespannteres Verhältnis zu den alten Bündnispartnern, aber auch zu ökonomischen Schwergewichten wie China erwartet. Ob hingegen das Verhältnis zu Russland besser wird, hängt wohl von einem „Deal“ ab: sollten die Russen den USA außenpolitisch etwas wirklich Überzeugendes anbieten, dürften die Sanktionen schnell fallen. Außerdem werden die Anleger beobachten, ob Trump seine großen Investitionspläne aufrecht erhält und wenn ja, ob er sie weitgehend ungefiltert durch das Parlament bekommt. Dank der Mehrheitsverhältnisse ist der 45. US-Präsident mit viel Macht ausgestattet. Daher lässt sich (fiskal-) politisch viel durchsetzen. Jedoch ist an die beginnende „Herrschaft der Republikaner“ eine hohe Erwartung bereits eingepreist und deshalb durchaus Enttäuschungspotenzial vorhanden. Es ist offen, ob großangelegte Investitionen überhaupt den ganz großen Wachstumsschub bringen. Denn ein ganz wichtiger Transformator von Investitionen zum Wirtschaftswachstum fällt nahezu weg: der Arbeitsmarkt für Fachkräfte in den USA ist weitgehend leer gefegt. Große Zuwächse bei der Neubeschäftigung wird es daher kaum geben. Sicher ist nur, dass dieser Impuls auf die Lohnkosten durchschlägt. Damit wird zwar die US-Kaufkraft insgesamt gestärkt, aber auch die Inflation angetrieben. Es ist fraglich, ob vor dem Hintergrund steigender Lohn- und Beschaffungskosten der Nettogewinn quer über alle US-Unternehmen betrachtet überhaupt nennenswert profitiert, selbst wenn das Binnenwachstum in den USA deutlicher anzieht. Sicher aber können die angekündigte große Steuerreform und avisierte Deregulierungen kräftige Wachstumsimpulse setzen, die auch bei den Unternehmen ankommen. Es ist jedoch zu beachten, dass Donald Trump die Kosten dort, wo der Staat bei privaten Firmen einkauft, massiv drücken will. Die Gewinnmarge einiger Branchen wird deshalb leiden. Aktuell wartet der Markt mit großer Ungeduld auf konkrete Hinweise, wie das Steuerpaket aussehen und finanziert werden soll.

In Halbjahr 2 rückt die FED ins Rampenlicht

Im zweiten Halbjahr 2017 dürfte dann die FED zum wichtigsten Impulsgeber der Märkte avancieren. Denn die amerikanische Notenbank möchte den US-Leitzins gerne graduell und kontinuierlich bis Ende 2019 auf 3% erhöhen. Dies entspräche einem Anstieg pro Kalenderjahr von 0,75%. Bei acht FED-Sitzungen pro Jahr bedeutet dies eine Anhebung um 0,25% bei spätestens jeder dritten US-Notenbanksitzung in den nächsten drei Jahren. Es ist schwer vorstellbar, dass die Märkte dies ohne größere Blessuren verkraften würden – und damit meinen wir Aktien-, Anleihen- und Rohstoffmärkte. Wenn auch das Ausgangs und Endniveau tiefer ist, so werden sich die Anleger doch an das Jahr 2008 erinnern, was damals über den Kreditmarkt kommend über die Märkte herein brach, nachdem die FED unter Alan Greenspan von 2004 bis 2006 solche kontinuierliche Zinserhöhungen beharrlich durchgezogen hatte. Zu beachten ist, dass wegen der unbefriedigenden Produktivität ein deutlicher Zinsanstieg bereits auf niedrigem Niveau schadet. Aber wird die FED Ernst machen? Es bleibt abzuwarten, ob sich tatsächlich eine klare Serie abzeichnet. Ein Indiz hierfür wäre, wenn die FED in den kommenden sechs Sitzungen zweimal  die Zinsen erhöht. Falls ja, steht spätestens am 20.September 2017 der US-Leitzins bei 1,25%.

Quo vadis, Dollar?

Für den US-Dollar bleiben die Perspektiven zweischneidig. Die neue US-Regierung wünscht einen stabilen, aber keinen zu festen Dollar. Die jüngsten Aussagen können so interpretiert werden, dass ihr ein Wechselkurs von 1,10-1,15 USD/Euro als ideal vorschwebt. Es ist also durchaus vorstellbar, dass zunächst von Verbalinterventionen geprägt der US-Dollar leicht zur Schwäche neigt. Sollte aber die FED die Zinsschere zu Europa konsequent weiter öffnen, wird sich der Dollar dann in der zweiten Jahreshälfte auf den Weg zur Parität machen.

Superwahljahr 2017 in Europa

2017 ist ein europäisches Superwahljahr. Der Wechsel von Siegmar Gabriel zu Martin Schulz als neuer Kanzlerkandidat kann bedeuten, dass die SPD nun auch die Kanzlerschaft anstrebt. Dieses Ziel kann sie aber nur über den Umweg eines Rot-Rot-Grünen Bündnisses erreichen. Zugleich ist nicht von der Hand zu weisen, dass Marine Le Pen und der Front National in den Élysée-Palast einziehen können. Es ist daher gut möglich, dass auf die deutsch-französische Freundschaftsachse einige Belastungen zukommen werden. Ohnehin driften Europas Staaten aber auch die Bürger innerhalb der einzelnen Staaten auseinander. Das sind keine optimalen Voraussetzungen für den notwendigen Schulterschluss in Anbetracht enormer ungelöster wirtschaftlicher (Griechenland/Italien) und geopolitischer Herausforderungen. Trotzdem ist den europäischen Börsen 2017 ein Anstieg zuzutrauen, falls die Regierungen sich an fiskalpolitische Expansion wagen. In Anbetracht der hohen Staatsverschuldung ist dies aber ganz bestimmt nicht ohne erhebliche Widerstände durchzusetzen. Insbesondere Deutschland kommt eine Schlüsselrolle zu: einerseits als harter Verfechter der in Maastricht festgelegten Regeln, andererseits als die einzige der großen EU-Industrienationen, die über ausreichend finanziellen Spielraum und Masse verfügt, um Europas Wirtschaft entscheidend zu beschleunigen. Scharfe Töne und gelegentliche Missstimmungen sind geradezu vorprogrammiert. Dies könnte hin und wieder reizvolle Kaufgelegenheiten eröffnen.

Asien im Blick

Die Aufkündigung der Gespräche über ein Transpazifisches Handelsabkommen (TPP) könnte dazu führen, dass Asien und Australien ihre Beziehung zueinander noch enger knüpfen. China wird zudem wohl bestrebt sein, die schleichende Währungsabwertung des Yuan zum US-Dollar zumindest vorerst zu beenden, um einem offenen Schlagabtausch mit den USA aus dem Wege zu gehen. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der pazifischen Großregion steht im großen Widerspruch zu ihrer Marktkapitalisierung. Sowohl Asien als auch Australien dürften 2017 durchaus weiteres Kurspotenzial besitzen. Selektiv sind auch die globalen Schwellenländer (Emerging Markets) interessant. Das gilt für die Anleihen-, wie für die Aktienseite. Jedoch liegen hier große Chancen und hohe politische Risiken nahe beieinander.

Fazit

Die Weltwirtschaft wird laut IWF-Schätzungen (Stand Januar 2017) im laufenden Jahr von 3,1% auf 3,4% Wachstum lediglich leicht beschleunigen. Für 2018 prognostiziert sie 3,6%. Der leichte Anstieg käme aber nur aus Lateinamerika und den USA. In Asien sieht sie eine Stagnation des Wachstums auf gutem Niveau (6,4%). Europa hingegen wird weiterhin kaum Dynamik zugetraut. Hier soll die Wirtschaftsleistung lediglich um 1,4% wachsen. Disharmonie in den außenpolitischen Beziehungen, hohe Aktienbewertungen und die Erwartung steigender US-Zinsen werden wohl verhindern, dass 2017 ein guter Jahrgang für Aktien und Anleihen wird. Rohstoffen ist im ersten Halbjahr noch etwas zuzutrauen, aber dann dürfte es mit den steigenden Zinsen gefährlich werden. Bei Anleihen betrachten wir mittlere Bonitäten mit maximal 3-5jähriger Laufzeit als erste Wahl. Als hervorragende opportunistische Kaufgelegenheit für US-Dollar und auch US-Aktien würden wir es ansehen, falls der Greenback zum Euro die Region um 1,12 $/€ touchiert.

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