Chicken Game

Martin Garske ist Prokurist und seit 2013 Fondsberater. Als Vertriebsdirektor betreute er zuvor seit 2002 institutionelle Kunden bei apano. Zuvor war er lange Zeit u.a. als Wertpapierberater/-betreuer bei der Dresdner Bank AG beschäftigt. Darüber hinaus arbeitete er bei der Dresdner S.A. Lux im Bereich International Private Banking und als Portfoliomanager und Vermögensverwalter.

Zwei Wagen rasen aufeinander zu. Aber im letzten Moment weicht der Angsthase aus und der Nervenstarke heimst die fette Siegprämie ein. Oder etwa doch nicht? Was, wenn beide darauf wetten, dass der andere kneift? Totalcrash – beide sind tot. Das Feiglingsspiel ist Komponente der 1994 mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Spieltheorie. Um zu gewinnen, können  deftige Schikanen eingebaut werden: so steigen die Chancen zu siegen deutlich, wenn es gelingt, den anderen glaubhaft von der eigenen Standfestigkeit zu überzeugen. So kann einer der Fahrer seine Entschlussfreudigkeit unterstreichen, indem er sich zuvor betrinkt und damit seine Unzurechenbarkeit demonstriert  und/oder indem er während der Fahrt sein Lenkrad aus dem Fenster wirf

Neue Eskalationsstufe im Nordkoreakonflikt zwingt zur Risikoreduktion  
An genau dieses Chicken Game dachte ich, als letzte Woche zuerst Japan berichtete, dass Nordkoreas Militär nun in der Lage sei, seine Raketen mit Miniatur-Atomsprengköpfen zu versehen und unmittelbar nach dieser Meldung Donald Trump Nordkorea „Feuer und Wut“ in Aussicht stellte,   sollte es seine Verbalangriffe gegen die USA nicht einstellen. Nun drohen also beide Staatsoberhäupter mit einem Präventivschlag. Damit ist eine neue Eskalationsstufe erreicht, auf welche die Fondsmanager und Vermögensverwalter reagieren mussten. Kein Wunder also, dass am 8. August mitten im schönsten Börsenhöhenflug – Sekunden zuvor noch hatte der S&P 500 mit 2490 Punkten ein neues Rekordhoch erreicht – um 18.15h die Märkte abrupt kippten, als der US-Präsident an seinem Feriendomizil in New Jersey sein Statement gab. Folgerichtig gerieten im weiteren Wochenverlauf die globalen Aktienmärkte und Hochzinsanleihen unter Druck. Dagegen schossen die „Risk off“-Instrumente, also Volatilitäts- und Kreditabsicherungsprämien, Top bewertete Staatsanleihen  sowie der Goldpreis in die Höhe.

Auch wenn sich bereits seit Freitagabend wieder eine gewisse Beruhigung zeigt: die nächste Eskalationsphase in diesem Chicken Game steht den Märkten vielleicht  in Kürze noch bevor. Denn am 21. August beginnt das von Nordkorea heftig kritisierte US-südkoreanische Manöver „Ulchi Freedom Guardian“ mit ca. 2.500 zusätzlichen US-Soldaten vor Ort. Was, wenn genau dann Kim Jong-un einen weiteren Raketentest unternimmt?

 
Wie reagieren wir auf die aktuelle Situation?
Nüchtern betrachtet muss der Anleger derzeit (noch) nicht zu ängstlich sein: sowohl General Joseph Dunford  als auch Verteidigungsminister James Mattis verwenden weiterhin gemäßigte Rhetorik, es sind keine zusätzlichen Truppen in Bewegung gesetzt worden, die Alarmstufe für die 28.000 in Südkorea stationierten US-Streitkräfte wurde nicht erhöht, es gab bislang keine Aufforderung an die Angehörigen der Soldaten,  das Land zu verlassen. Solange sich diese Parameter nicht deutlich  verschieben, erscheint ein massiver Abbau des Risikos nicht erforderlich zu sein. Trotzdem: so unrealistisch, wie ein Totalzusammenstoß auch weiterhin sein mag, die Wahrscheinlichkeit dafür ist gestiegen. Ein verantwortungsbewusster Fondsmanager muss deshalb die in der Spieltheorie vorkommende Alternative „beide verlieren, weil keiner nachgibt“ etwas stärker berücksichtigen. Eine graduelle Risikoreduktion ist zwingend die logische Konsequenz. Selbstverständlich haben auch wir deshalb in den beiden von uns betreuten Fonds diesem Sachverhalt Tribut gezollt und die Liquidität erhöht. So weist z.B. der apano Global Systematik aktuell eine hohe Cashquote von 25% auf. Damit wollen wir – um in der Begrifflichkeit zu bleiben – zunächst mal vom „Spielfeldrand“ aus zuschauen.

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