Entweder Exit vom Brexit oder DAX auf 8700

Martin Garske ist Prokurist und seit 2013 Fondsberater. Als Vertriebsdirektor betreute er zuvor seit 2002 institutionelle Kunden bei apano. Zuvor war er lange Zeit u.a. als Wertpapierberater/-betreuer bei der Dresdner Bank AG beschäftigt. Darüber hinaus arbeitete er bei der Dresdner S.A. Lux im Bereich International Private Banking und als Portfoliomanager und Vermögensverwalter.

Der Ausgang des Referendums hat nicht nur die Märkte überrascht, sondern offenbar auch die Initiatoren der Brexit-Bewegung selbst. Jedenfalls deuten insbesondere die bisherigen Reaktionen von Boris Johnson, der Brexit-Galionsfigur, darauf hin, dass er gar nicht an diesem Ergebnis und Mandat interessiert war. Vielmehr wollte er wohl mit einer knappen Referendums-Niederlage lediglich den Zorn des britischen Volkes akzentuieren, um damit zukünftig mehr Druck auf die EU ausüben zu können. Da das Referendum juristisch nicht bindend ist, und die Vorteile wohl doch nicht so überragend, wie von den Brexit-Befürwortern vor der Abstimmung dargestellt, gibt es eine – wenn auch zugegebenermaßen nur geringe – Wahrscheinlichkeit, dass das ganze Projekt abgeblasen wird. Der ganz große Verlierer wären die britischen Parteien, aber die Börsen würden wohl jubeln. Eine solche Entscheidung müsste aber schleunigst in den nächsten Tagen gefällt werden. Diese Option ist das letzte Bollwerk gegen einen drohenden Rutsch zumindest der europäischen Aktienindizes auf neue Jahrestiefs.

Keine Panik messbar, sondern gezielte Umschichtungen

Psychologisch betrachtet hat sich die Lage weiter eingetrübt. Denn zu den hohen Bewertungen der Aktien bei zugleich stagnierender Gewinnsituation gesellt sich nun noch eine zu erwartende Stimmungsverschlechterung wegen erhöhter Planungsunsicherheit der Industrie. Technisch betrachtet sind die Börsianer letzte Woche zum zweiten Mal nach Mitte Mai in die Falle getappt, dass die Abwärtstrends in Europa gebrochen würden. Der S&P500 erreichte zuletzt sogar fast ein neues Allzeithoch. Nach diesem teuren Doppelschlag dürften viele Investoren zunächst defensiver agieren. Andererseits misst der apano-Stimmungsindex keine Panik. Zwar tendieren die klassischen Sicherheitsvehikel (Risk off-Märkte) wie Gold, US- und deutsche Staatsanleihen sowie der US-Dollar ausgesprochen fest. Jedoch werden Aktien nicht panisch losgeschlagen, sondern es sind vielmehr ganz gezielte Umschichtungen in dividendenstarke und defensive Werte zu beobachten. So verhält sich kein Markt, der auf einen Crash zusteuert. Es hat aber den Anschein, dass sich die Marktteilnehmer auf eine weitere Verlangsamung der Weltkonjunktur einstellen. Der DAX dürfte wegen seiner vielen konjunktursensiblen Werte von einer solchen Neuorientierung belastet werden. Gibt es keinen schnellen Exit vom Brexit, droht deshalb hierzulande ein neues Jahrestief  – jedoch ist es gut vorstellbar, dass gleichzeitig die Kurse von Aktien wie Nestlé oder Johnson & Johnson auf neue Allzeithochs klettern.

Die Börsen antizipieren den „Bremain“

Martin Garske ist Prokurist und seit 2013 Fondsberater. Als Vertriebsdirektor betreute er zuvor seit 2002 institutionelle Kunden bei apano. Zuvor war er lange Zeit u.a. als Wertpapierberater/-betreuer bei der Dresdner Bank AG beschäftigt. Darüber hinaus arbeitete er bei der Dresdner S.A. Lux im Bereich International Private Banking und als Portfoliomanager und Vermögensverwalter.

Bis Mitte der Woche deuteten die Umfragen auf einen immer schneller wachsenden Vorsprung der Brexit-Befürworter hin. Dem entsprechend agierten die Marktteilnehmer: der Goldpreis und die Top-Bonitäten unter den Anleihen erreichten Mehrjahres- bzw. sogar historische Rekordstände. Auf der Gegenseite schoss die DAX-Volatilität (ein Gradmesser für die Nervosität der Börsianer) von Freitag- bis Donnerstagabend um weitere 30% in die Höhe. Zeitgleich taumelten die europäischen und japanischen Aktienindizes immer schneller in Richtung ihrer Jahrestiefs. Dann jedoch erfolgte eine abrupte Wende. Die Ermordung der Politikerin Joe Cox, die sich engagiert für einen Verbleib Englands in der EU ausgesprochen hatte, scheint den Großteil der bis dahin noch unentschlossenen Briten davon überzeugt zu haben, dem Lager der Bremain-Befürworter beizutreten. Dies wurde am Freitag vorsichtig und am heutigen Montag enthusiastisch eingepreist. Entsprechend wechselten die Gewinner und Verlierer an den Märkten erneut ihre Vorzeichen. Damit etabliert sich derzeit der vierte große Stimmungswechsel innerhalb weniger Wochen.

Glauben ist nicht Wissen

Es ist eine unangenehme Eigenschaft der Börsen, wichtige Ereignisse nicht abzuwarten, sondern sie vorwegzunehmen. Der Antizipationsmechanismus der Märkte ist ein fortlaufender Prozess, in den ununterbrochen neueste Informationen, Gerüchte und Meinungen der Märkte eingespeist werden. Das aktuell absolut dominierende Thema ist das Briten-Referendum. Dass hier die Erwartung über den Ausgang in den letzten Wochen ständig wechselte, zeigt sich im extrem schwankenden Sentiment der Anleger. Dies lässt sich am apano-Stimmungsindex sehr gut ablesen. Glauben ist nicht Wissen – die „Bremain“-Anhänger scheinen nun zwar wenige Tage vor dem Referendum die Mehrheit endgültig hinter sich zu haben, jedoch ist unschön, dass die Börsen dies bereits jetzt schon beginnen, als sicher zu feiern. Wenn es dann doch anders kommt, ist der Sturz danach nur umso tiefer. Denn das konjunkturelle und markttechnische Umfeld der Börsen ist momentan alles andere als günstig, weshalb das Chance-Risiko-Verhältnis asymmetrisch ist: ein Verbleib der Briten in der EU wird wohl schnelle 5% im DAX bringen, der Brexit hingegen aber wohl genauso schnell mindestens 10% kosten. Sicher ist es legitim, einen für die Märkte positiven Ausgang zu erwarten und sich entsprechend zu positionieren.

Verlustvermeidung vor Gewinnmaximierung

Hier aber unterscheidet sich die Philosophie vieler Fonds mit variabler Risikobereitschaft – wozu auch die beiden von uns gemanagten apano-Fonds zählen – ganz gewaltig von reinen Börsenindizes bzw. von daueroffensiven Fonds mit statisch hoher Gewichtung in Aktien. Letztere werden wohl erstere in dieser Woche deutlich abhängen, weil ja wahrscheinlich der Brexit nicht kommt. Das von den variabel agierenden Managern vermiedene Risiko ist keine erfassbare Messgröße und die damit verbundene Managerleistung bleibt unsichtbar, wenn das Ereignis nicht eintritt, vor dem geschützt wurde. Stattdessen wird sich dann ein negatives Gap – also eine Unterperformance zum Markt auftun, die allzu gerne als Minderleistung interpretiert wird. Deshalb ist es ganz wichtig, den großen Unterschied zu verstehen: ein variabel oder defensiv agierender Manager hat als oberstes Ziel nicht Gewinnmaximierung, sondern weitgehende Verlustvermeidung. Dies gilt in der laufenden Woche in ganz besonderem Maße.

Drohender Brexit dominiert die Anlegerstimmung

Martin Garske ist Prokurist und seit 2013 Fondsberater. Als Vertriebsdirektor betreute er zuvor seit 2002 institutionelle Kunden bei apano. Zuvor war er lange Zeit u.a. als Wertpapierberater/-betreuer bei der Dresdner Bank AG beschäftigt. Darüber hinaus arbeitete er bei der Dresdner S.A. Lux im Bereich International Private Banking und als Portfoliomanager und Vermögensverwalter.

Seit Ende April registrierte der apano-Stimmungsindex letzte Woche bereits seinen dritten Stimmungsumschwung. Drei Richtungsänderungen des Anlegersentiments in nur sechs Wochen, das kommt zwar hin und wieder vor, ungewöhnlich ist aber dieses Mal das heftige Ausmaß jedes einzelnen dieser drei Ausschläge. Das ist ein klares Indiz, dass den Marktteilnehmern zurzeit die Orientierung fehlt. Der Schuldige an dieser Situation ist schnell gefunden: es ist der völlig offene Ausgang des britischen Referendums. Es ist zu erwarten, dass das Ergebnis ganz gravierende Auswirkungen auf die globalen Devisen-, Kredit- und Aktienmärkte haben wird. Englische Buchmacher und Online-Umfragen britischer Medien schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Brexit gegensätzlich ein. Deshalb ist es schlichtweg einfach nicht kalkulierbar, welche Vorzeichen diese gravierenden Auswirkungen tragen werden. Aus Furcht, am Tag danach völlig falsch positioniert zu sein, stocken die Anleger derzeit insbesondere ihre Kassenbestände auf.

Neben Brexit noch weitere Bremsklötze für die Märkte

Freilich gibt es noch weitere Bremsklötze für die Investoren. Stellvertretend hierfür seien die jüngsten Konjunkturdaten in den USA genannt, die auf steigende Lohnstückkosten und nachlassende Produktivität der Unternehmen hindeuten. Zudem schätzen US-Firmen und Verbraucher die aktuelle Lage besser ein als die nähere Zukunft, was ebenfalls kein gutes Zeichen ist. In der laufenden Woche tagen die US-amerikanische Notenbank und ihr Pendant in Japan. Zudem befindet der weltgrößte Indexanbieter darüber, ob Chinas A-Aktien in den MSCI-World Index aufgenommen werden. Im Falle einer weiteren Verschiebung dieser Entscheidung könnte deshalb aus Fernost ein weiteres Börsengewitter aufziehen.

Risk-off Märkte haben Hochkonjunktur

Die sogenannten Risk-on Märkte sind nach ihrem ermutigenden, aber irreführenden Zwischenspurt zu Ende des Vormonats wieder in volle Deckung gegangen. Einzig der US-amerikanische Aktienmarkt hält noch tapfer die Fahne hoch. Vielleicht deshalb, weil die USA von Fluchtbewegungen aus Europa im Vorfeld des Referendums profitieren. Risk-off Märkte hingegen haben Hochkonjunktur. Die Preise der sicheren Häfen wie US- und deutsche Staatsanleihen stehen auf Rekordhochs und auch Gold marschiert Richtung Jahreshoch. Es würde überraschen, wenn nach dem grandios gescheiterten Anlauf der optimistischen Bullen diese nun vor dem 24. Juni einen nochmaligen großen Stimmungsumschwung wagen würden, auch wenn das ermäßigte Niveau zu ein paar antizyklischen Eindeckungskäufen führen kann. Weiterhin dürfte der amerikanische Markt ein -relativ- sicherer Hafen für Anlegergelder sein. Aber auch dort sind keine Wunder zu erwarten: die Indizes stehen in der Nähe ihrer Tops, die Gewinnentwicklung verläuft schleppend und die Bewertungen sind hoch. Vielleicht können FED und BoJ diese Woche mit Taten oder zumindest geschickt gewählten Worten eine Stabilisierung der angeschlagenen Anlegerstimmung erreichen. Wetten würde ich allerdings darauf nicht.

Katerstimmung in Europa trifft auf Champagnerlaune in den USA

Martin Garske ist Prokurist und seit 2013 Fondsberater. Als Vertriebsdirektor betreute er zuvor seit 2002 institutionelle Kunden bei apano. Zuvor war er lange Zeit u.a. als Wertpapierberater/-betreuer bei der Dresdner Bank AG beschäftigt. Darüber hinaus arbeitete er bei der Dresdner S.A. Lux im Bereich International Private Banking und als Portfoliomanager und Vermögensverwalter.

Die Zahl der am Freitagnachmittag gemeldeten Neueinstellungen in den USA fiel erschreckend niedrig aus. Zeitgleich wurden auch die Werte für die Vormonate nach unten revidiert. Dies brachte das Fass zum Überlaufen, denn bereits nahezu alle anderen US-Konjunkturwerte der letzten Tage hatten darauf hingewiesen, dass die erwartete Frühjahrsbelebung der US-Wirtschaft ausbleibt. In heftigster Reaktion sackte der US-Dollar um 2% gegen Euro und Yen ab, was wiederum die Aktienmärkte in Europa und Japan auf Talfahrt schickte. Aber was passierte in den USA selbst? Nichts! Die Kurse hielten sich nahezu unverändert auf ihrem hohen Niveau. Diese Robustheit fließt natürlich in den apano-Stimmungsindex ein, der weiterhin eine insgesamt zuversichtliche Einstellung der globalen Anleger konstatiert.

Niedriger US-Dollar gut für viele Bereiche

Die gute Laune in den USA hat sich durch die gestiegene Wahrscheinlichkeit einer Verschiebung der nächsten Zinserhöhung bis mindestens Ende Juli 2016 eher noch weiter verbessert. Ein gutes Zeichen ist, dass die Stärke der US-Aktien sehr breit ausgelegt ist, was sich an der Entwicklung des Russell 2000 Index ablesen lässt. Aber auch die Schwellenländer atmen auf. Ein schwächerer US-Dollar und auf Sicht weiterhin extrem niedrige US-Zinsen entlasten diese Staaten unmittelbar. Darüber hinaus hilft der niedrigere US-Dollar der gesamten Rohstoffbranche und ihren Zulieferern, denn die Preise der Rohstoffe verhalten sich in der Regel reziprok zum USD-Kurs.

Die große Unbekannte: der Brexit

Der gute Stimmungswert darf aber nicht dazu verleiten, zu ignorieren, dass die in jüngsten Umfragen erstmals erreichte Mehrheit für die Brexit-Befürworter eine große Gefahr darstellt. Denn von den institutionellen Geldmanagern rechnet kaum einer ernsthaft damit, dass der Brexit tatsächlich kommen wird. Umso größer ist die Absturzgefahr der europäischen Börsen, wenn er dann doch eintritt. Die kurzfristigen Chancen und Risiken der Märkte sind deshalb nicht gleich verteilt. Das gilt sowohl für die  einzelnen Branchen als auch für die geografische Portfolioaufstellung. Vieles spricht derzeit für eine – in der Währung teilabgesicherte – Bevorzugung des amerikanischen Kontinents.