Viele Fragen bleiben offen.
Das ist der letzte Teil der apano-Blogserie über Bitcoin und Blockchain. Allen, die Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7 und Teil 8 nicht gelesen haben, empfehlen wir, dies vorab zu tun.
Ist Bitcoin wirklich ein gut dezentralisiertes Netzwerk?
Die Dezentralisierung ist ein weiterer Grundbaustein der Bitcoin-Philosophie. Denn nur bei Dezentralisierung kann jede Art der Manipulationen (Nutzung des Geldes als politische Waffe oder wirtschaftliche Erpressung etc.) minimiert werden. Die Dezentralisierung bedeutet technisch gesprochen keine zentralen Rechenzentren, sondern: jeder Teilnehmer bringt etwas an Rechnerkapazitäten bei. Hier liegt aber gleichzeitig der große Widerspruch. Denn je „kleiner“ der Teilnehmer ist, je geringer seine Rechnerkapazität, desto weniger Chancen hat er, mit Bitcoin eine positive Bilanz zu verbuchen (s. die Kapitel über „Mining“).
Des Weiteren haben wir gerade im Teil 8 festgestellt, dass eine Spaltung der Bitcoin-Gesellschaft wohl möglich ist. Dabei kann sich die Anzahl der Teilnehmer verringern, was automatisch die Sicherheit des Netzwerks und die Dezentralisierung negativ beeinflusst (je weniger Prüfer, desto mehr Chancen für die Fälschung gibt es). Die umständlichen Prüfungen und die große Anzahl der Prüfer sind der Preis für die Dezentralisierung.
Ein weiterer Punkt sind die (Strom-)Kosten. Sie können für die Einzel-Miner enorm hoch sein, was ihre Wirtschaftlichkeit und Existenz wiederum bedrohen kann. Die Miner vereinigen sich deswegen in Miner-Pools, damit die Wahrscheinlichkeit, den Wettbewerb um einen neuen Bitcoin zu gewinnen, steigt.
Die Pools vernachlässigen jedoch die Dezentralisierung.
Weiterhin sind regionale Konzentrationen nicht auszuschließen (z. B. Kasachstan ist das relativ wichtige Land für Krypto-Minig).
Eine Folge der politisch durchaus gewollten hohen Energiepreise kann das Austeigen vieler Miner aus dem Geschäft sein. Das kann die Sicherheit und die Dezentralisierung gefährden (nochmals zur Erinnerung: je weniger Prüfer es im gleichrangigen Netz gibt, desto höher sind die Chancen für Fälschung und Manipulation mit dem Kontobuch).
Die Dezentralisierung kann, trotz aktuell relativ akzeptabler Aufstellung, aufgrund der aktuellen Tendenz zur Energiepreiserhöhung zukünftig fragil werden und die Dezentralisierung negativ beeinflussen.
Reicht die aktuelle Performance, um die Zahlungen in der ganzen Welt zu bedienen?
Was passiert, wenn 8,5 Mrd. Menschen (und das ist nur der aktuelle Stand) ihre Anfragen an das Zahlungssystem senden? Wie lange muss man dann warten, um zum Beispiel eine Pizza oder Kaugummi zu kaufen?
Die traditionellen Systeme wie VISA, MasterCard, PayPal oder Web Money sind noch bzgl. der Geschwindigkeit und des Volumens vorne. Brauchen sie mehr Kapazitäten, so setzen sie mehr neue Server ein. Im gleichrangigen Netzwerk vom Bitcoin gibt es hingegen keinen zentralen Server (deswegen heißt es auch dezentralisiertes Netzwerk). Hier ist jedes Mitglied selbst ein Server und jeder prüft das gleiche Kontobuch und die Mehrheit entscheidet über die Richtigkeit. Und genau da liegt ein weiterer Widerspruch bei dem Bitcoin-Netzwerk. Die tausende Miner machen nämlich das Gleiche: sie prüfen und prüfen und prüfen das gleiche Kontobuch. Es hätte ein PC dafür reichen können, aber dann gäbe es keine Dezentralisierung und die Wahrscheinlichkeit einer Fälschung steigt. Das ist wie gesagt ein weiterer Widerspruch, diesmal zwischen der Performance und der Sicherheit, die die Bitcoin-Technologie Stand heute mit sich bringt.
Die Blockchain-Technologie braucht Stand heute enorm viel Strom! Und jegliches Wachstum lässt die Stromzähler schneller laufen!
Aber die Technologie entwickelt sich immer weiter. Schon heute gibt es die Projekte der so genannten „zweiten Ebene“ wie „Bitcoin-Lightning“ (oder Lightning Netzwerk, abgekürzt „LN“). Die Idee ist ganz einfach: die kleinen Summen sollen nicht in die gesamte Warteschlange gestellt und nicht in das gesamte Kontobuch geschrieben werden. Stattdessen sollen die Zahlungen über direkte Kanäle zwischen Käufer und Verkäufer auf der Zwischenebene abwickelt werden. Das Thema „Lightning“ geht über die Grenze dieses Artikels hinaus.
Es ist also für Bitcoin technisch möglich, die aktuellen Zahlungssysteme performancemäßig zu überholen. Die Frage ist nur, wie schnell das passiert.
Wird der Speicherplatz für die Bitcoin-Transaktionsbücher immer ausreichen?
Ein weiterer Diskussionspunkt ist der Speicherplatz. Das gesamte Kontenbuch wird nur größer, und nicht kleiner. Es muss irgendwo gespeichert werden. Werden sich die Speichergeräte für die Einzelbenutzer ebenso so schnell entwickeln, dass es immer genug Speicher zum günstigen Preis für die Benutzer angeboten wird? Denn wenn nicht, könnte es dazu führen, dass die Benutzer das Kontobuch nicht komplett herunterladen können (sondern nur den letzten Teil davon, bzw. solange der Speicherplatz reicht). Demzufolge kann auch die Richtigkeit nicht mehr in vollen Maßen überprüft werden, womit eine höhere Wahrscheinlichkeit einer Fälschung besteht.
Sollten also die Speichergeräte nicht zeitgemäß weiterentwickelt werden, so kann es zum Speicherplatzmangel kommen, wodurch die Sicherheit negativ beeinflusst werden kann.
Die Rückbuchungen im Bitcoin-Netzwerk sind nicht möglich. Nehmen die Benutzer das in Kauf?
In traditionellen Systemen kann man die Überweisung zurückziehen. In der Bitcoin- bzw. Blockchain-Welt ist es überwiegend (je nach Protokoll) nicht möglich. Werden die Benutzer in Kauf nehmen, dass sie keine Transaktion zurückziehen können? Aktuell scheint es kein großes Problem zu sein. Wird es auch mit der zunehmenden Anzahl der Halter weiterhin so bleiben?
Ist Bitcoin ein Schneeballsystem?
Bitcoin passt standardmäßig nicht zu der Definition eines Schneeballsystems (auch als Pyramidensystem bekannt). Bei einem Schneeball- oder Pyramidensystem werden die Gewinne von früh eingestiegenen Mitgliedern mit den Beiträgen von spät eingestiegenen Mitgliedern finanziert. Das ist beim Bitcoin laut der Definition nicht der Fall. Jedoch ist der Bitcoin eine Deflationswährung. Dadurch, dass immer weniger Bitcoins generiert werden können, steigt der Kurs langfristig. Das macht Bitcoins auch als spekulative Kapitalanlage interessant. Allerdings sind die Wertschwankungen sehr deutlich. Diese hohe Volatilität bestätigt, dass viele Fragen derzeit offen sind, und dass die Meinungen über Bitcoins nach wie vor sehr unterschiedlich sind.
Wie bei allen anderen Investments jenseits von Sparbuch und Girokonten sind Totalverluste nicht auszuschließen.
Wie sicher sind die digitale Signatur und die Hashfunktion und wie lange bleibt es noch sicher?
Die digitale Signatur ist nicht nur ein weiterer Baustein der Bitcoin-Technologie, sondern quasi sein Herzstück. Findet man einfache Methoden, die Verschlüsselungen zu entschlüsseln, so hat man den Zugang zu allen Bitcoin-Konten der Welt.
Die Bitcoin-Transaktionen werden (wie wir schon wissen) mit der digitalen Signatur signiert. Um die Signatur zu erzeugen, wird das Verfahren „Elliptic Curve Digital Signature Algorithm“ (ECDSA) verwendet. Um ECDSA genau zu erklären, braucht man eine Einführung in die Mengenlehre, modulare Arithmetik, synchrone und asynchrone Kryptographie. Das geht über die Grenze dieses Artikels hinaus. Wir unterstellen im Einklang mit der herrschenden Meinung, dass ECDSA als hochsicher gilt. Ob das in Zukunft weiterhin so bleibt, ist die Frage.
Auch Secure Hash Algorithmus SHA-256 (für das Erstellen vom Hash, s. Kapitel über den Hash) wird ebenso nur Stand heute als sicher bezeichnet. Wenn in der Zukunft jemand eine mathematische „hintere Tür“ findet, um die validen Hashes zu generieren, wird SHA-256 nicht mehr verwendbar sein und man könnte die Kontrolle über das Bitcoin-Netzwerk bekommen. Doch es ist nicht zu vergessen, dass in der Vergangenheit das Protokoll SHA-0 als sicher galt, bis ein Konstruktionsfehler gefunden wurde. Danach galt sein Nachfolger SHA-1 als sicher, bis im Jahre 2005 eine schnellere Berechnungsmethode gefunden wurde, die zusammen mit der Leistung von damals modernen Rechnern die Berechnungen von unendlich bis endlich auf übersichtliche Zeit reduzieren konnte. So kam SHA-2 (SHA-256) zur Welt. Es bleibt zu beobachten, wie lange der Algorithmus als sicher gelten wird.
Sollte die Sicherheit der Algorithmen irgendwann in der Zukunft in Frage gestellt werden, so können die Entwickler auf jeden Fall eine neue mächtigere Verschlüsselung in das Bitcoin-System integrieren. Aber ob jemand dazwischen wegen der Sicherheitslücke eigene Ersparnisse verliert, kann man nicht voraussagen.
Auf der anderen Seite entwickeln sich die Quantencomputer schnell. Man spricht schon heute über den so genannten Postquantum-Blockchain. Warum? Weil Blockchain evtl. in der Zukunft daran angepasst werden muss. Sie haben bestimmt gehört, dass unsere traditionellen Computer nur mit einem Bit operieren, der entweder 0 oder 1 sein kann. Die Quantencomputer operieren nicht mit Bits, sondern mit Qubits. Diese haben zwar ebenso zwei Zustände, aber in quasi einer anderen Dimension, so dass sie in der Tat viel mehr Zustände abbilden können. Die Quantencomputer bringen Stand heute nicht immer einen Performancegewinn gegen den klassischen Computer, können aber bestimmte Aufgaben in Einzelfällen deutlich schneller lösen. Und je schneller der Rechner ist, desto kürzer die Entschlüsselungszeit (die Abhängigkeit ist nicht immer linear, könnte aber die Sicherheit unter Umständen in Gefahr bringen). Somit können die mathematischen Aufgaben, die früher aufgrund von unrealistischen Zeitverbrauch als unlösbar galten, in der Zukunft in realistischer Zeit gelöst und somit lösbar werden.
Aber auch Blockchain hat viele Wettbewerber, z.B. weitere Distributed Databases und Distributed Leder Technologies. Das Thema ist ebenfalls sehr umfangreich und geht deshalb über die Grenzen dieser Artikel hinaus. Wichtig ist zu verstehen, dass auch Blockchain als Grundbaustein zukünftig durch eine andere Technologie ersetzt werden kann.
Bitcoin und Blockchain sind sehr eng mit den Tiefen der Mathematik verbunden. Und die Mathematik bietet oft unerwartet ganz einfache Lösungen, für die auf den ersten Blick komplexe Aufgaben (wie z.B. Gaußsche Summenformel). Und wenn die eine oder andere mathematische Aufgabe heute nicht lösbar ist, dann ist es oft im Sinne des Wortes nur heute so.
Unsere Generation wird den Einbruch von SHA-256 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erleben. Welche mathematischen „Hintertüren“ in der näheren Zukunft gefunden werden können, ist unbekannt.
Wie hoch ist der Einfluss des „Faktor Mensch“ im neuen System?
Leider machen auch Entwickler oft Fehler. Auch die noch junge Geschichte von Kryptowährungen hat leider schon genug Beispiele davon hervorgebracht. So kommt es zu ungültigen Transaktionen, die gültig sein sollen und umgekehrt. Das Ganze wird natürlich behoben, mit so genannten „Forks“. Neben den „Hard Forks“ (Änderungen der Quellcode ohne Abwärts-Kompatibilität, die wir schon oben kennengelernt haben) gibt es auch „Soft Forks“ (Änderungen mit der Kompatibilität zu alten Transkationen, die oft für die Fehlerbehebung angewendet werden).
Das Kernproblem: wenn in einem Kryptowährung-System mehrere Forks durchführt werden, verändert sich ständig das Netzwerk-Protokoll und somit quasi auch die Geldpolitik des Systems. Da stellt sich wiederum die Frage, ob so ein Netzwerk als „dezentralisiertes“ bezeichnet werden kann. Aktuell haben die Sicherheitsvorfälle den größten Einfluss auf die Kursschwankungen der Kryptowährungen.
Der „Faktor-Mensch“ kann also einen großen Einfluss auf das neue System haben. Mit der Zeit wird die Situation durch fortgeschrittene Entwicklungsmethoden und Werkzeuge mit Sicherheit besser werden. Unsere Generation kann jedoch vom „Faktor-Mensch“ auch abseits von Kryptowährungen in vielen anderen Softwareentwicklungsbereichen noch stark betroffen sein (denken Sie beispielsweise an die fehlerhaften Softwareupdates bei Boeing oder Tesla).
Ersetzt Bitcoin irgendwann das klassische Geld komplett?
Ein Exkurs vorab ist notwendig, um die Frage und auch die Antwort darauf richtig zu verstehen:
Geld ist definitionsgemäß ein allgemein akzeptiertes, gesetzliches Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel. Zudem hat Geld die Eigenschaft, knapp zu sein. Daher wird Geld in der Regel nur gegen die Zahlung eines Zinses verliehen. Aus der Sicht eines Sparers stellte der Zins lange Zeit das Entgelt für den Konsumverzicht und den Ausgleich für die zukünftig erwartete Inflation dar.
Das ist heute alles nicht mehr gegeben. Fragen, wie sich die Schuldenkrise in den Griff bekommen lässt und ob sich die derzeit beobachtbaren Preissteigerungen begrenzen lassen, sind mehr als offen.
Viele sehen die Ursachen der Probleme in Minuszinsen und in dem drastischen Geldmengenwachstum.
Geldmengenwachstum und Minuszinsen sind jedoch nach Meinung diverser Politiker die Lösung der Finanzprobleme. Eine bittere Medizin wird da verschrieben, nicht ohne Nebenwirkungen – z.B. die Enteignung der Sparer und die Zerstörung der klassischen Altersvorsorge mit Rentenversicherungen.
Daher wird oft von Fiat-Währungen (Fiat: Lateinisch „Es wird!“) gesprochen, die beliebig vermehrbar sind.
Die „Flucht in die Sachwerte“ hat längst eingesetzt und nimmt an Geschwindigkeit zu.
Wenn Bitcoins eines Tages klassisches Geld komplett ersetzten sollen, dann muss vorher das Zentralbanksystem das Vertrauen der Geldhalter erheblich verlieren. Da die Anzahl der Bitcoins auf 21 Mio. begrenzt ist, kann das ganze girale Geld in Bitcoins nicht ohne erhebliche Verluste umgewandelt werden. Die Frage ist, was passiert mit dem restlichen giralen Geld? Dieses girale Geld wird eventuell weiterhin benutzt werden, solange ihr System noch funktioniert.
Es ist deswegen ein Szenario sehr wahrscheinlich, in dem die Bitcoins und die Fiat-Währungen noch lange parallel existieren. Das kann zumindest unsere Generation im vollen Umfang erleben. Erst wenn die Krypto-Systeme entstehen, die sich komplett mit Bitcoins oder anderer Kryptowährung bedingen, kommt evtl. ein spürbarer Bruch.
Man darf jedoch nicht vergessen, dass es aktuell auch die Bitcoin-Wettbewerber gibt. Die unserer Meinung nach interessantesten Wettbewerber sind die Währungen, die explizit für Smart-Contracts entwickelt worden sind. Top 3 nach Marktkapitalisierung heute sind Ethereum, Binance Coin und Cardano.
Ein Smart-Contract kann man sich vereinfacht so vorstellen: Sie möchten etwas kaufen, sind aber nicht sicher, ob der Verkäufer die Ware oder die Leistung liefert. Im Gegenzug ist der Verkäufer auch nicht sicher, ob Sie die Ware bezahlen. Anders gesagt, Sie vertrauen dem Verkäufer nicht und Verkäufer vertraut Ihnen nicht. Man braucht einen zuverlässigen Vermittler. Ein Smart-Contract kann diese Rolle übernehmen. Denn in einem Smart-Contract wird fest einprogrammiert, was zuerst geschehen soll, was danach und unter welchen Bedingungen das Geld übergeben werden soll. Die digitale Währung ist dafür exakt geeignet. Sie erwerben digitale Anteile und schließen den Contract ab. Die Kryptowährung wird hier als ein Teil des Vertragsmechanismus benutzt, da die Fiat-Währung dazu einfach nicht geeignet ist. In dem Fall ist die digitale Währung ein Baustein in dem völlig neuen Geschäftsabwicklungssystem und hat nichts mit Spekulation oder Geldwäsche zu tun. Ein Platz für die Fiat-Währungen kann in dem Fall weiterhin bestehen bleiben.
Wie genau Smart-Contracts fuktionieren, geht über den Rahmen dieses Blogs hinaus. Wichtig ist, dass hier eine sehr wichtige praktische Anwendung der Technologie vorhanden ist. Bitcoin kann ebenso die Smart-Contracts bedienen, ist aber aktuell offensichtlich kein Favorit in der Branche. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass es in der Zukunft mehrere Kryptowährungen neben den Fiat-Währungen geben wird, wobei jede Währung ihren Zweck hat.
Aktuell gibt es ca. 10.000 Kryptowährungen. So viele! Was bedeutet das? Das bedeutet, dass eine neue Kryptowährung zu schaffen, kein großer Akt ist. Viel schwieriger ist, sie nützlich und benutzerfreundlich bzw. einfach bedienbar zu machen. Aktuell ist Bitcoin weit vorne, was die Nutzung, Anwendung und Verbreitung angeht. Viele renommierten Anbieter akzeptieren schon die Zahlungen in Bitcoins. Aber bedeutet das, dass die anderen Währungen keine Chance haben, den Bitcoin zu überholen? Evtl. stehen wir noch am Anfang eines großen Wettbewerbs, wobei am Ende mehrere Kryptowährungen für unterschiedlichen Zwecke vorhanden sein werden. Ob unsere Generation die Abschaffung der Fiat-Währungen miterlebt, ist die Frage.
Ist Bitcoin eine Blase?
Für die Entstehung von Blasen gibt es in der Wirtschaftswissenschaft Stand heute keine allgemeine Erklärung.
Ganz zu Beginn steht oftmals ein vergleichsweise knappes Gut, dem eine hohe Nachfrage gegenübersteht. Typischerweise kann anbieterseitig das Angebot kurzfristig nicht ausgeweitet werden und die Nachfrager suchen sich keine Alternative zu dem gewünschten Gut.
Das klassische Beispiel für eine Blase ist die Tulpenmanie der 1630er Jahre in Holland. Tulpen waren in Mode, die Zahl der verfügbaren Tulpenzwiebeln knapp und so schaukelte sich der Wert einer Tulpenzwiebel in irrsinnige Regionen auf. Für den Preis einer Tulpenzwiebel gab es auch ein sehr schönes Mehrfamilienhaus in Amsterdam.
Das änderte sich schlagartig, als mehrere Schiffsladungen mit Tulpenzwiebeln aus Übersee angelandet wurden.
Der Preis fiel wie ein Klavier vom Himmel, und der Legende nach sollen die Tulpenzwiebeln dann aus den Laderäumen der Schiffe direkt in die Kombüsen gewandert sein. Mit durchschlagendem Erfolg, denn Tulpenzwiebeln sind nicht zum Verzehr geeignet und absolut unbekömmlich.
Die so genannte „Greater Fool Theory“ besagt, dass die Blasen dann entstehen, wenn Kleinanleger Investitionen tätigen und darauf hoffen, sie anderen Anlegern/Investoren noch teurer verkaufen zu können.
Die österreichische Schule besagt, dass Blasen bei höher Inflation im Zusammenhang mit niedrigen Zinsen entstehen.
Wenn die Gier überhand nimmt und keiner Angst hat, steigen die Kurse!
Viele versuchen, die Blasen vorauszusagen. Fakt ist, die Blasen lassen sich nur nachträglich erkennen! Deshalb gehört es mittlerweile zu einer der Aufgaben der zentralen Banken, die Beobachtung der fairen Bewertung der Finanzinstrumente zu gewährleisten und Maßnahmen zur Vermeidung der Folgen der spekulativen Aktivitäten zu ergreifen.
Das ist ein frommer Wunsch, wie aktuell der Fall Wirecard zeigt. Eine Behörde wird auch in Zukunft nicht in der Lage sein, den fairen Wert eines Unternehmens oder eines Rohstoffes zu bestimmen, und Markteingriffe wie z.B. Leerverkaufsverbote, bringen im Endeffekt nichts. Viel wichtiger ist es, dass die Ergebnisse des Handelns der Einzelnen auch für den Einzelnen Konsequenzen haben muss. Gewinne und Verluste aus spekulativen Geschäften sind einzig und allein Angelegenheit des Spekulanten. Gewinne sozialisieren und Verluste privatisieren darf ebenso wenig gehen, wie Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren.
Die Bewertung von Bitcoins ist aber nicht so einfach zu ermitteln. Ein großes Problem dabei ist sein innerer Wert. Weiß man den inneren Wert, so kann man anhand der Differenz zu dem Marktwert die Aussage bezüglich der Unter- oder Überbewertung treffen. Der innere Wert ist aber der Wert der Nützlichkeit. Bei Aktien, Immobilien oder Edelmetallen ist eine Wertermittlung durchaus möglich und nachvollziehbar. Allerdings gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Bewertungsmodelle und daher auch eine Vielzahl unterschiedlicher Werte für ein und dasselbe Unternehmen. Der „richtige Wert“ existiert immer nur eine logische Sekunde lang und ist gleich dem Preis, auf den Verkäufer und Käufer sich einigen. Daher ändern sich Börsenkurse auch ständig.
Bei Bitcoins oder anderen Kryptowährungen ist der Kurse fast nur von dem Vertrauen der Menschen abhängig. In der ersten Annäherung kann man sagen: Je mehr Menschen ihr Vertrauen der Kryptowährung schenken (bzw. ihre Nützlichkeit und Funktonalität schätzen), desto mehr Wert ist die Kryptowährung für diese Menschen.
Langfristig gesehen bringt uns vielleicht der Zusammenhang zwischen der gesamten Anzahl der Bitcoins (21 Mio.) und den gesamten Schulden der Welt weiter. Das Thema haben wir in Teil 8 besprochen.
Man kann zusammenfassen: Bitcoins sind für die Anleger so viel Wert, wie der Anleger an die Zukunft der Bitcoins glaubt. Eine weitergehende Auswertung ist nur mit den fortgeschrittenen, technischen Marktanalyse-Kenntnissen möglich, jedoch ebenfalls nicht sicher!
Bitcoin-Philosophie – oder kann man mit Bitcoin oder anderen Kryptowährungen reich werden?
Vorab ein sehr bekanntes und stark im Jahr 2021 diskutiertes Beispiel aus dem Internet: hätte man am 5. April 2021 lediglich 100 Euro in die Kryptowährung „X“ investiert (die Kryptowährung „X“ nennen wir absichtlich nicht; in Ihren Kommentaren können Sie aber gerne raten), so hätte man nach 6,5 Monaten am 21. Oktober 2021 etwa 1 Million Euro in der Tasche gehabt. Die Realität: So einfach ist es leider nicht.
Wir sprechen in diesem Zusammenhang von den berühmt, berüchtigten Dr. Dieter Hettichmann-Depots.
Das erste Problem ist: am 5. April weiß man noch nicht, dass die Kryptowährung „X“ bald explodiert. Das heißt, man muss in mehrere Kryptowährungen investieren, um die eigenen Gewinnchancen zu erhöhen. Vorsicht, auch das ist ein Irrglaube: Die Verteilung des Anlagegeldes auf mehrere Kryptowährungen erhöht keinesfalls die Gewinnchance. Es ist durchaus möglich, dass alle Kryptowährungen fallen und keine Position einen Gewinn erwirtschaftet.
Aber es gibt insgesamt über 10.000 Kryptowährungen. Wenn man zumindest in die Hälfte davon 100 Euro je Krypto-Währung investiert, braucht man dafür halbe Million. Das heißt, wir reden nicht mehr um das Vertausendfachen des Kapitals, sondern lediglich um die Verdoppelung (und das noch unter der Bedingung, dass alle anderen gekauften Kryptowährungen kaum fallen!).
Fairerweise muss man sagen, dass wir sind jetzt beim Thema „Wetten“ sind. Mit dem Wetten kann man theoretisch reich werden. Dafür gibt es aber unter anderem auch Lotto, Casino etc. Statistisch gesehen ist hier die Gewinnwahrscheinlichkeit sehr gering (Lotto) bis nahezu fair (Roulette). Lassen Sie sich von solchen Beispielen wie oben nicht irritieren. Und wie immer: Wertentwicklungen der Vergangenheit sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.
Das zweite Problem: wenn auch das oben genannte Beispiel mit dem richtigen Einstiegspunkt klappen würde, steht man vor dem Problem, die Kryptowährung zum richtigen Zeitpunkt im Wert von 1 Million Euro zu verkaufen. Sprich: jemand (ein oder mehrere Interessenten) sollen am 21. Oktober ein (oder mehrere) Kaufaufträge in der Summe von ca. 1 Mio. tätigen. Die bekannten Kryptowährungen haben eine gute Liquidität. Die weniger bekannten Kryptowährungen wie „X“ hingegen, können zwar deutlich im Kurs gewinnen, sind aber schwieriger zu verkaufen. Solche „Explosionen“ passieren nichtdestotrotz.
Der Gewinn an der Börse ist (mathematisch gesehen) immer nur die Frage der richtigen Ein- und Ausstiegspunkten.
Einfach gesagt: Reich wird, wer Gewinne laufen lässt und Verluste begrenzt. Das gilt wie gesagt sowohl für die Wertpapiere als auch für die Währungen. Wer die technische Analyse gut beherrscht, fundamentale Analysen miteinbezieht, Quartalsberichte regelmäßig liest, geopolitische Komponente mitberücksichtigt etc. pp., hat in der Regel bessere Chancen rechtzeitig einzusteigen und ebenso rechtzeitig die Gewinne mitzunehmen. Das ist jedoch die tägliche harte Arbeit und ist alles anderes als einfach.
Zudem hat das Ganze eine emotionale Komponente: Der Mensch neigt dazu, Verluste laufen zu lassen und Gewinne zu begrenzen!
Nebenbei als Hobby funktioniert das bei der Mehrheit der Menschen nicht – oder nicht lange. Viel praktischer ist es einen vertrauenswürdigen Vermögensverwalter zu beauftragen und freitagabends gemütlich mit der Familie oder Freunden zu verbringen, anstatt auf die Quartalsberichte zu warten.
Zudem ist schnelles Entscheiden gefragt: Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern. Und: Professionelle Anleger sind in der Regel schneller und besser informiert als Privatanleger.
Der Bitcoin selbst ist zudem, wie wir schon mehrmals erwähnt haben, eine Philosophie. Laut dieser Philosophie ist der Erwerb von Bitcoins überwiegend durch Mining oder Leistungserbringung denkbar (kein Börsenkauf!) und eher ein „One way ticket“. Echte Bitcoin-Enthusiasten (zumindest einige, die wir während der Vorbereitung dieser Blogserie kennengelernt haben) denken nicht darüber nach, ihre Bitcoins zurück in die Fiat-Währung umzuwandeln (egal wie hoch der realisierte Gewinn wäre), sondern die Bitcoins so gut wie möglich selbst zu nutzen und so wenig wie möglich von Fiat-Währungen abhängig zu sein. Einige davon leben schon lange fast komplett im Bitcoin-Wirtschaftssystem und nutzen die Fiat-Währungen fast gar nicht mehr. Denn das Geld ist für sie nur dann das Geld, wenn die Mehrheit der Mitglieder das geprüft und bestätigt hat. Deswegen lautet das Bitcoin-Motto: „Don’t trust, verify“ (im Gegensatz zum traditionellen “trust, but verify”). Sind Sie auch ein Bitcoin-Enthusiast? Glauben Sie an die Zukunft des Bitcoins? Denn wenn nicht, ist er für Sie auch überbewertet und dementsprechend kein Kauf. Und spekulieren kann man genauso gut oder sogar besser mit anderen Finanzinstrumenten.
Was aber das klassische Investments angeht, da sind wir nach wie vor der Meinung, dass man unter dem Begriff „Investment“ den Einsatz des Kapitals zu einem (überwiegend guten) Verwendungszweck und Teilnahme an den Gewinnen versteht. Somit muss man das Geld nicht unbedingt in Bitcoins parken, sondern in die Zukunft der Infrastruktur, perspektivisch interessante Unternehmen, ökologischen und effizienten Technologien, letztendlich Sachwerte wie Gold oder Immobilien investieren. Die Kryptowährungen gehören bei uns perspektivisch betrachtet trotzdem zu einem hoch diversifizierten Megatrends-Portfolio mit speziellen Sicherheitsmechanismen, was sie für die eher konservativen Anleger besonders attraktiv macht. Schauen Sie sich einfach die apano-Produktpalette an, dann verstehen Sie was damit gemeint ist, oder sprechen Sie uns an unter 0800-66 88 900 (kostenfrei aus allen dt. Netzen).
Mit Kryptowährung kann man also wie mit allen anderen Assets das Kapital sowohl vervielfachen als auch komplett verlieren. Alles hängt am Ende des Tages von den eigenen Finanzkenntnissen und der Marktmeinung ab. Die Kryptowährung ist hier – unserer Meinung nach – keine Ausnahme.
Sind die Menschen bereit, für sich selbst eine Bank zu werden?
Wie wir im Kapitel über Wallets geschrieben haben, erfordert die neue Technologie sehr viel digitale Selbstdisziplin, was die Sicherheit Ihres Vermögens angeht. Die Banken kann man abschaffen, die Überfälle jedoch noch lange nicht. Und wenn man der Bank nicht mehr vertraut, so muss man bereit sein, sich selbst gegen den Überfall zu schützen. Man muss entscheiden, welche Summen man auf welchen Wallets aufbewahren will. Man muss die privaten Schlüssel sorgfältig aufbewahren. Man muss in der Lage sein, das eigene System sichern und wiederherstellen zu können. Vielleicht wird es in Zukunft viel einfacher als heute. Stand heute muss man sich damit intensiv auseinandersetzen. Zwar bezahlt man mit Kryptowährungen deutlich weniger Gebühren im Vergleich zu den traditionellen Banken, aber man spendet dafür die eigene Zeit. Und Zeit, wie wir alle wissen, ist auch Geld. Hier kommt es darauf an, wie schnell und effizient der Mensch das ganze selbst verwalten kann und wie viel er damit spart.
Die Selbstverwaltung der Kryptowährungsersparnisse erfordert eine strenge digitale Disziplin. Ob Sie dafür bereit sind, können nur Sie selbst beantworten.
Schlusswort und das Wichtigste zusammengefasst
Eigentlich ist die Idee einer festen Währung nicht neu. Wie wir in Teil 1 berichtet haben, waren die Währungen bis 1971 an Goldreserven gebunden. Die Kurse waren fest. Die Wirtschaft mit fester Währung ist stabiler und inflationssicherer. Und das war gut und richtig! Warum hat man das System abgeschafft? Nicht nur, weil der damaliger US-Präsident Nixon mehr Geld für den Krieg in Vietnam brauchte. Die Problematik ist, wenn die Wirtschaft wächst, und die Anzahl der Waren und Leistungen ebenso wächst (weil die Bevölkerung der Erde wächst), braucht man mehr Geld im Umlauf. Vielleicht gab es unter anderem auch nicht genug Gold zur damaligen Zeiten, um das neue Geld festzubinden. Das wäre aber nicht der entscheidende Grund. Der Grund ist: alles in diesem Universum hat seinen Preis, wie schon mehrmals erwähnt. Und der Preis für die Stabilität ist die vermeintlich mangelhafte Weiterentwicklung der Weltwirtschaft. John Maynard Keynes hat in seiner Wirtschaftstheorie die These aufgestellt, dass „Spare in der Zeit und habe in der Not!“ ersetzt werden sollte durch „Investiere fremdfinanziert in der Not und tilge die Schulden in den folgenden guten Zeiten“. Leider sind bislang solche Staatsschulden niemals getilgt worden. Die heutigen Überschuldungen stellen ein ernsthaftes Problem, auch in Bezug auf Generationengerechtigkeit dar.
Ein goldgedecktes Währungssystem könnte stabil bleiben, wenn es keine Weiterentwicklung gäbe. Wie kann man sich jedoch weiterentwickeln, wenn die Zahlungsmittel fehlen? Ein Defizit der Zahlungsmittel führt hinter sich die Rezession in der Produktion, weil weniger gekauft werden kann. Dieses Defizit wird immer wieder entstehen, weil die Menschen das stabile Geld erfahrungsgemäß lieber sparen als auszugeben. Diese These ist jedoch umstritten.
Damit aber die Wirtschaft wächst, soll das Geld nicht unter dem Kissen liegen, sondern im Umlauf bleiben. So kamen die Wissenschaftler zur Idee, dass es eine kleine und kontrollierte Inflation geben solle. Die Maße der Inflation sollen genug sein, um Stimulus zu geben, das Geld zu investieren und nicht im Sparstrumpf zu halten. Dafür sollte man aber den Goldstandard abschaffen. Später hat man festgestellt, dass die kontrollierte Inflation schwer zu kontrollieren ist. Es war aber zu spät. Mit der Inflation ist es bildlich gesprochen wir mit Ketchup in der Spritzflasche – einmal im Fluss, gibt es kein Zurück in die Flasche!
Kommt mit dem Bitcoin tatsächlich eine neue und stabile Finanzsystemära? Bitcoins sind stark genug gegen das Inflationsmodell gerichtet. Aber waren die Deflationsmodellaspekte der „Satoshi Nakamoto“ ebenso ersichtlich? Gab es in der Mannschaft jemanden, der über die ausreichenden makroökonomischen Kenntnisse verfügte? Das bleibt die Frage.
Das Geld wurde von Menschen entwickelt. Und nicht alles, was die Menschen entwickeln, passt zu diesem Universum. Die materielle Orientierung liegt in der menschlichen Natur und ist mittlerweile einer den mächtigsten Treiber der Evolution. Aber die erbrachte Leistung in einem äquivalenten, materiellen Objekt fair abzubilden, sie aufzubewahren, übertragen und später nutzen zu können, ist alles anderes als einfach.
Abgesehen davon soll offensichtlich Stand heute der Umgang mit dem Geld komplett neu überlegt werden. Es sollen effiziente Prozesse in der Gesellschaft weltweit angewendet werden. Ebenso sollen die liquiden Mittel möglichst effizienter eingesetzt werden, um die girale Blase zumindest nicht weiter zu vergrößern. Aber solange man weiteres Geld druckt und den Haushalt ohne Grund weiter aufbläst, kommt nichts Gutes.
Bitcoins setzen einfach strengere Regeln für die Menschen, die über mehrere Jahre ineffizient mit dem Geld und Betriebsprozessen umgegangen sind. Ob diese strengeren Rahmen unbedingt nötig sind, und ob es nicht anders gehen kann, hängt von den Menschen selbst ab. Ein Teil der Gesellschaft sieht offensichtlich keinen anderen Ausweg und hat sich deswegen für den Bitcoin entschieden. Der andere Teil bleibt immer noch lethargisch und schaut dem traditionellen Finanzsystem zu. Ob das Verhältnis auch weiterhin in der Zukunft besteht, bleibt die größte unbeantwortete Frage. Fest steht: Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende!
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Quellen:
cryptography Info Page (metzdowd.com)
Bitcoin – Browse Files at SourceForge.net
mempool – Bitcoin Explorer
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