Das wird ein heißer Sommer

Wir schreiben das fünfte Jahr der Finanzkrise, die vor zwei Jahren in eine Schuldenkrise der europäischen Staaten übergegangen ist. Allerdings gibt dieses kleine „Jubiläum“ keinen Anlass für Feierlichkeiten.

Im Gegensatz zu den USA, die ebenfalls hoch verschuldet sind, hat der Euro-Raum politisch-strukturelle Probleme. Diese machen es unmöglich, aus der Schuldenfalle herauszukommen. Nur durch eine stärkere politische und wirtschaftliche Integration der Euroländer wird es möglich sein, eine dauerhafte Lösung zu finden. Ja, es geht in der Tat in Richtung „Vereinigte Staaten von Europa“.

Doch die Zeit wird knapp! Kurzfristig wird sich Europa politisch nicht einig. Wir steuern auf einen „heißen Sommer“ für den Euro-Raum zu. Immer mehr Länder flüchten unter den provisorischen Rettungsschirm. Damit sinkt die Anzahl der „zahlenden“ Euro-Länder bzw. steigt natürlich deren finanzielle Belastung. Die Ratingagentur Moody´s hat den Ausblick für die Bonität Deutschlands und die des EFSF herabgestuft. Doch das ist erst der Anfang der heißen Phase für den Euro. Zypern flüchtete als letztes unter den Schirm und teilt damit das Schicksal von Irland, Portugal und Griechenland.

Ein Austritt der „schwachen“ Länder aus der Euro-Zone könnte unumgänglich werden, wenn die geforderten Sparmaßnahmen nicht eingehalten werden bzw. werden können. Mit dem Austritt des ersten Landes aus der Euro-Zone (egal wer), wird jedoch die Stabilität massiv erschüttert und weitere Länder werden unweigerlich folgen. Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, forderte vor kurzem bereits öffentlich den Austritt schwächerer Staaten aus der Euro-Zone. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) kritisierte das Krisenmanagement der Euroländer und sprach von fehlender „ambitionierter Politik“ zur Eindämmung der Krise.

Die (notwendigen) Sparmaßnahmen wirken sich derweil auch realwirtschaftlich aus. Die konjunkturellen Aussichten für Europa sinken deutlich und sogar die Prognosen für die globale Wirtschaft verdüstern sich, wie aktuell der Chef der Weltbank, Jim Yong Kim, eindringlich warnte. Er sieht einen Wachstumseinbruch von bis zu 1,5 Prozent in den meisten Regionen der Erde. Damit ist es kein allein europäisches Problem mehr. Die Globalisierung führt zu einer wirtschaftlichen Verkettung und eine anhaltende Krise in Europa würde sicher zu einer globalen Rezession führen.

Wie auch immer eine Lösung aussieht – Austritt schwacher Länder, „Vereinigte Staaten von Europa“ oder ein ESM-Rettungsschirm, der mit Banklizenz Geld druckt – sie muss schnell kommen. Warren Buffet, einer der reichsten Männer der Welt, Hedgefondsmanager und Börsenguru gibt dem Euro-Raum nur noch 3 Monate Zeit, bis er zerbricht. Unabhängig vom Wetter dürfte es damit ein „heißer Sommer“ für den Euro-Raum werden.

Margaret Thatcher wäre das nicht passiert

Christian Schmidt, Hedgefonds-Berater (ebs/BAI), ist Senior-Wertpapierspezialist und seit 2003 bei apano als Ansprechpartner für Finanzdienstleister tätig. Er hält regelmäßig Vorträge bei Anlegermessen und Fachveranstaltungen. Zuvor war er Geschäftsführungsassistent einer Dortmunder Steuerberatungskanzlei mit dem Schwerpunkt "Private Finance / Family Office" sowie Finanzplaner in einem Kölner Finanzdienstleistungsinstitut.

Beim Gipfel in der letzten Woche haben sich die Regierungschefs der 17 EU-Staaten darauf verständigt, den Zugang zum Rettungsfonds ESM zu erleichtern. Dafür musste Angela Merkel weitreichende Zugeständnisse machen. Druck kam von Seiten Spaniens und Italiens.

Um einfacher ESM-Gelder zu bekommen, hätten beide Länder einem Konjunkturpaket zustimmen müssen. Aus meiner Sicht hätten Spanien und Italien von diesem ehedem am meisten profitiert. Stattdessen drohten sie aber mit einer Blockade. Damit die Währungsgemeinschaft stabilisiert werden kann, sollen in Zukunft nun direkte Bankenhilfen aus dem Rettungsfonds möglich sein und Staatsanleihen reformwilliger Länder aufgekauft werden können. Dafür ist eine gemeinsame Bankenaufsicht für die Euro-Zone unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) geplant. Zudem wurden Maßnahmen vereinbart, die den Zinsdruck von Ländern wie Italien und Spanien mildern sollen. Unterstützung erhalten spar- und reformwillige Länder demnach ohne ein zusätzliches Anpassungsprogramm.

Was haben die 17 EU-Staaten beim Gipfel gewonnen? Italien und Spanien bleiben neue Auflagen und die Kontrolle durch die Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) erspart. Sie müssen sich lediglich dazu verpflichten, die Empfehlungen der EU-Kommission umzusetzen und ihre Schulden zügig abzubauen. Daran glaube ich nicht.

Was haben die teilnehmenden Staaten beim EU-Gipfel verloren? Da sind zum einen die Aussichten auf ein absehbares Ende der Schuldenkrise und einen zügigen Schuldenabbau. Diese sind nun deutlich eingetrübt. Zum anderen wird der Euro im Binnenbereich instabiler werden und auch Deutschland wird statt ent- noch weiter belastet werden.

Aus meiner Sicht ist dies unter dem Strich kein gutes Geschäft. Wir haben viel verloren und werden in Zukunft noch viel mehr verlieren. Angela Merkel hat bislang eine klare Linie beim Einsatz des Euro-Rettungsfonds vertreten. Unter Druck ist sie nun allerdings teilweise eingeknickt. Margaret Thatcher, mit der sie oft verglichen wurde, wäre das mit Sicherheit nicht passiert.

Die Weltwirtschaft im Blick

Heute vor 65 Jahren, am 01. März 1947, nahm der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Arbeit auf. Drei Jahre zuvor war er ins Leben gerufen worden, um die Stabilität des internationalen Währungssystems zu sichern. Öffentliche Aufmerksamkeit bekommt er derzeit durch die europäische Schuldenkrise.

Viele Menschen halten den IWF für eine internationale Zentralbank oder sogar für eine Hilfsorganisation. Dabei ist er weder das eine noch das andere. Hauptsächlich soll der IWF als Sonderorganisation der Vereinten Nationen die internationale Zusammenarbeit in der Währungspolitik fördern. Dabei will die in Washington D.C. ansässige Organisation ein weltweit nachhaltiges Wirtschaftswachstum sichern. Dieses Ziel erreicht der IWF durch ein vielfältiges Engagement. So berät der seine inzwischen 187 Mitglieder hinsichtlich politischer Maßnahmen, um zum Beispiel Finanzkrisen vorzubeugen bzw. diese zu bewältigen oder sich makroökonomisch stabiler aufzustellen.

Seinen Mitgliedsländern gewährt der IWF – falls nötig – vorübergehende Finanzhilfen. Diese dienen alleinig dem Zweck, dass diese ihre Probleme bei der Zahlungsbilanz bewältigen, wenn ihr Devisenbestand Zahlungsforderungen anderer Länder nicht decken kann. Aktuell haben wir diese Situation bei einigen europäischen Mitgliedsstaaten. Neben finanzieller Unterstützung stellt der IWF auf Antrag eines seiner Mitgliedsländer außerdem technische Hilfen bereit. Zudem unterstützt die Organisation bei Bedarf bei dem Aufbau von Fachkenntnissen und Institutionen, die nötig sind, um eine solide Wirtschaftspolitik zu verfolgen. Die Hilfen durch den IWF sind allerdings an strenge Auflagen wie zum Beispiel deutliche Sparmaßnahmen geknüpft. Das bringt ihm oftmals harsche Kritik ein. Insgesamt sieht sich der IWF dem Vorwurf ausgesetzt, dass er zu sehr die Interessen aus Washington vertritt und aufgrund seiner Zusammensetzung die Industrienationen zu starken Einfluss nehmen. Darüber hinaus wird dem IWF vorgeworfen, dass dessen Strukturanpassungs- und Transformationspolitik den betroffenen Volkswirtschaften wie Argentinien oder Griechenland eher geschadet als genutzt habe. Denn die Kreditauflagen des IWF werden häufig als sehr hart und nicht demokratisch genug eingestuft.

Die Herausforderung, die Weltwirtschaft wieder in die Wachstumsspur zu bringen, wird der IWF unter der Leitung der Französin Christine Lagarde auch 2012 noch weiter beschäftigen. Weitere Informationen über den IWF unter www.imf.org.