Obwohl ich mittlerweile seit über 20 Jahren in Deutschland lebe, bin ich immer noch sehr eng mit meiner griechischen Heimat verbunden, denn ein Teil meiner Familie lebt dort. Deswegen beobachte ich sehr interessiert und besorgt die aktuelle Situation in und um Griechenland.
In den Verhandlungen zwischen den privaten Anleihegläubigern, vertreten durch das Institute of International Finance (IIF) und der griechischen Regierung, deuteten sich letzte Woche erste Ergebnisse an. Eine vollständige Einigung zwischen den privaten Gläubigern und der Regierung gab es bislang jedoch noch nicht. Die Gespräche laufen mit Hochdruck auf höchster Ebene.
Der Kompromiss könnte darauf hinaus laufen, dass den Gläubigern gegen alte Griechenland-Anleihen und Schuldenverzicht neue Anleihen mit einer Laufzeit von 20 bis 30 Jahren angeboten werden – mit einer Verzinsung von jährlich zwischen 4 und 5 Prozent. Die Gläubiger Griechenlands hätten bei dieser Lösung einen Verlust von 68 Prozent zu verschmerzen!
Was wird dieser massive Schuldenerlass für das Land der Hellenen bedeuten? Eins ist sicher: Griechenland wird neben Italien das Sorgenkind der Euro-Zone bleiben! Bis sich das ändert, muss die griechische Regierung noch an vielen Baustellen hart arbeiten. Zum Beispiel an einer Reform des Staatsapparates. Denn ohne diese können die Staatsausgaben nicht reduziert werden, Steuern nicht effizient eingetrieben werden, Korruption nicht wirksam bekämpft und letztendlich die Wettbewerbsfähigkeit des Landes nicht verbessert werden.
Letzte Woche verlangte die „Troika“ von der griechischen Regierung noch härtere Sparmaßnahmen, unter anderem Kürzungen bei Sozialleistungen und Renten. Diese Maßnahmen in Zusammenhang mit einer weltweiten Rezession würden jedoch das Wirtschaftswachstum Griechenlands noch weiter abwürgen. Die Sparauflagen würden zu einer verschärften Rezession führen und das ambitionierte Ziel, das Haushaltsdefizit auf 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, kann nicht erreicht werden.
Ich bin der Meinung, dass sowohl die Europäische Union als auch der Internationale Währungsfonds die Probleme der griechischen Verwaltung Reformen durchzusetzen, unterschätzt haben. Die bisher vereinbarten Maßnahmen konnten die Griechen nie termingerecht umsetzen und einhalten. Aber wenn die Probleme in der Bürokratie des Landes nicht beseitigt werden, sind weitere Reformen nahezu unmöglich und die Wirtschaft des Landes wird nicht in der Lage sein, auf die Beine zu kommen.
Selbstverständlich zählt der Schuldenschnitt zu den Grundsteinen der Rettung Griechenlands. Wenn dieses Thema für die Griechen erfolgreich abgeschlossen wird, können sie endlich strukturelle Reformen angehen, insbesondere die Verwaltung effizienter gestalten, Privatisierungen vorantreiben und den Bankensektor modernisieren. Mit der Hilfe der Europäischen Union können sie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhöhen, indem sie in traditionellen Branchen wie Landwirtschaft, Tourismus und Reederei u.a. europäischen Fördergeldern möglichst effektiv einsetzen.
18 Prozent der Griechen sind momentan ohne Job, Tendenz steigend. Da frage ich mich, wo diese Menschen noch sparen sollen… Also erscheint mir die Reformierung des Landes als der einzige und richtige Weg zur Rettung Griechenlands. Und der kann sehr weit werden…